Hafenstädte befürchten Gefahr für Arbeitsmarkt und Wachstum. WWF sieht Hafenzufahrten nicht betroffen.

Hamburg. Die deutschen Seehäfen wehren sich gegen einen strengeren Schutzstatus für das Wattenmeer und die vom Bund und den Niederlanden beabsichtigte Anmeldung bei der UNESCO als Weltnaturerbe. Vor dem Hintergrund der dynamischen Umschlagentwicklung sei der Ausbau der Seehäfen und ihrer Zufahrten dringend erforderlich, um die damit verbundenen Wachstums- und Beschäftigungschancen zu nutzen, heißt es heute in einer Mitteilung des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Sollte das Wattenmeer Weltnaturerbe werden, könnten bestehende und auch künftige Nutzungen erschwert, verzögert oder verhindert werden.

Das Güteraufkommen in den deutschen Seehäfen soll sich nach Prognosen bis 2025 um das Zweieinhalbfache auf rund 760 Millionen Tonnen erhöhen. Bund, Länder und die Privatwirtschaft investieren in den kommenden Jahren hohe Milliardenbeträge, damit Straßen, Schienen, Schiffswege und Umschlaganlagen diese Gütermengen bewältigen können. Sollte das Wattenmeer von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt werden, fürchten die Seehäfen vor allem um die Fahrrinnenvertiefungen von Elbe ( wie vor einigen Tagen berichtet ) und Weser sowie um den Bau des JadeWeserPorts in Wilhelmshaven. "Im Hinblick auf das gemeinsame Ziel von Bund, Küstenländern und Hafenwirtschaft, den Seehafenstandort Deutschland zu stärken, dürfen die vorgesehenen Ausbaumaßnahmen durch eine Nominierung des Wattenmeeres als Weltnaturerbe nicht beeinträchtigt werden", fordert der ZDS.

Das Thema spielt bereits eine Rolle im Wahlkampf zur Hamburgischen Bürgerschaft. Der Senat hat bislang einen Antrag an die UNESCO verzögert, weil er Bedenken wegen der Elbvertiefung hat und ist deshalb von der Opposition sowie von Umweltschützern kritisiert worden. In der kommenden Woche will sich der Senat mit dem UNESCO- Antrag beschäftigen. Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie der Bund und die Niederlande haben dem Projekt bereits zugestimmt, nicht dagegen Dänemark. In Dresden hatte die Auseinandersetzung um die sogenannte Waldschlösschenbrücke über Jahre Bürger, Politik und Gerichte in Atem gehalten, weil mit dem bereits begonnenen Bau der Brücke der Status des Dresdner Elbtals als UNESCO-Welterbe voraussichtlich verloren geht.

Die Naturschutzorganisation WWF widersprach der Auffassung des ZDS, die Anmeldung des Wattenmeers als UNESCO-Weltnaturerbe könnte bestehende oder künftige Nutzungen der Häfen und ihrer Zufahrtswege erschweren, verzögern oder verhindern. "Der Welterbe-Titel schafft keine neuen rechtlichen Anforderungen" , erklärte WWF- Wattenmeerexperte Ulrich Rösner. "Nur die ohnehin bereits streng geschützten Wattenmeer-Nationalparke sollen die Auszeichnung als Weltnaturerbe bekommen. Die großen Seehäfen sind davon nicht betroffen, auch ihre Zufahrten liegen nicht im Bereich des Welterbes."