Europas führender Softwarekonzern SAP hat den Zugriff auf Datenbanken seines Erzrivalen Oracle eingeräumt.

Walldorf. Die Industriespionagevorwürfe des US-Konzerns wies Vorstandschef Henning Kagermann am Dienstag in einer ersten Erwiderung auf die Oracle-Klage aber vehement zurück. Die SAP-Tochter TomorrowNow habe zwar Wartungsdokumente des US-Konkurrenten in "unangemessener Weise" heruntergeladen. Die Muttergesellschaft habe aber keinen Zugang zu diesen Downloads gehabt und damit auch keinen Diebstahl geistigen Eigentums begangen.

Oracle-Chef Larry Ellison hatte die rund 50-seitige Klageschrift gegen SAP wegen Diebstahls geistigen Eigentums Ende März bei einem Bezirksgericht in San Francisco eingereicht und später um eine Urheberrechtsklage ergänzt. Der deutsche Weltmarktführer für Unternehmenssoftware soll sich danach wiederholt unerlaubt Zugang zu einer Kundenbetreuungs-Website verschafft und von dort tausende Softwareprodukte sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen haben.

"Für mich ist selbst ein einziger unangemessener Download inakzeptabel und wir bedauern diesen Vorfall sehr", betonte Kagermann und kündigte personelle Konsequenzen für das Management der US-Tochter an. Dirket nach der Oracle-Klage hatte Kagermann die Vorwürfe des Rivalen noch strikt zurückgewiesen und angekündigt, SAP werde sich massiv dagegen zur Wehr setzen.

Als Erklärung für die Vorgänge führte der Vorstandschef nun an, dass TomorrowNow im Auftrag von Drittanbietern, die sich für die Fremdwartung ihrer Oracle-Anwendungen entschieden haben, häufig Wartungsmaterial von Oracle-Internetseiten lädt. Dem Dienstleister werde für diese Arbeiten das Kundenpasswort zur Verfügung gestellt. In diesem Zusammenhang sei es zu den unerlaubten Downloads gekommen. Das US-Unternehmen TomorrowNow bietet seine Dienstleistungen für Softwareanwendungen unter anderem von den SAP-Konkurrenten J.D. Edwards, Siebel und PeopleSoft an.

Der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware werde nun mit den US- Behörden kooperieren und habe bereits zusammen mit TomorrowNow dem amerikanischen Justizministerium Material zur Verfügung gestellt, um den Vorgang zu klären, teilte Kagermann mit. Am 4. September sollen die weiteren Schritte in dem Verfahren vor Gericht besprochen werden.

SAP und Oracle stehen seit Jahren in einem erbitterten Wettbewerb im Markt für Unternehmenssoftware. Während der deutsche Konzern mit Sitz in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) auf Wachstum aus eigener Kraft setzt, verfolgt US-Milliardär Ellison eine aggressive Einkaufspolitik. Um SAP von seiner Spitzenposition zu verdrängen, hat der Datenbankspezialist in den vergangenen drei Jahren mehr als 25 Milliarden Dollar für zahlreiche Unternehmenssoftware-Firmen hingeblättert.