Die Großdemonstration gegen den G8-Gipfel in Rostock fiel deutlich kleiner aus als erwartet. Am Rande der Veranstaltung kam es zu Unruhen, Flaschen und Steine flogen, mehrere Demonstranten wurden festgenommen.

Rostock/Schwerin. Die Polizei rechnete am Vormittag nur noch mit rund 30 000 Teilnehmern, gezählt wurden noch einmal etwa 10 000 weniger, die Veranstalter zählten 50 000 Demonstranten. Eigentlich wurde mit einer großen Teilnehmerzahl von rund 100 000 gerechnet. In Schwerin scheiterten unterdessen die rechtsextreme NPD und ein linkes Antifa-Bündnis mit dem Versuch, mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts für Sonnabend geplante und von der Stadt Schwerin verbotene Demonstrationen doch noch durchzusetzen.

In Rostock sammelten sich am Vormittag die Teilnehmer der Großdemonstration gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G8) in der kommenden Woche im Ostseebad Heiligendamm. Nach Angaben der Polizei verlief zunächst alles friedlich. Die G8-Kritiker zogen in mehreren Zügen durch die Innenstadt. "Es ist voll, es ist bunt, es ist eine Superstimmung", sagte Frauke Distelrath, Sprecherin des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Sie zeigte sich mit der Beteiligung "absolut zufrieden". Doch aus einem so genannten schwarzen Block heraus von 3 000 bis 4 000 zumeist vermummten Autonomen kam es am Nachmittag zu Flaschen-, Hammer- und Steinwürfen. Die Autonomen hätten absichtlich die Polizei angegriffen, sagte ein Polizeisprecher. Nach Angaben eines AFP-Reporters wurden Polizisten regelrecht gejagt. Nach einiger Zeit beruhigte sich die Lage dann wieder.

Rund ein Dutzend schwarz vermummter Autonomer hatte ein Polizeiauto angegriffen und die Scheiben eingeworfen. Die Polizisten ergriffen daraufhin die Flucht und fuhren in hohem Tempo davon. Der Vorfall ereignete sich in der Nähe des Stadthafens, wo sich die Demonstranten versammelt hatten.

Zuvor wurden bereits Molotow-Cocktails, Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten geworfen. Polizeisprecher Axel Falkenberg sprach von "Steinwürfen in erheblichem Umfang" aus den Reihen von Autonomen. An einer Bank seien Scheiben eingeworfen worden.

An einer mehrspurigen Straße am Rostocker Stadthafen wurden Autos umgestürzt. Auf der einen Seite formierten sich hunderte Polizisten, auf der anderen Seite eine unüberschaubar große Gruppe von Autonomen. Aus der Gruppe wurden die Demonstranten über Lautsprecher aufgefordert, der Polizei Widerstand zu leisten. Ein Sprecher der Demonstrationsveranstalter warf der Polizei vor, die Auseinandersetzung durch gezielte Provokationen ausgelöst zu haben. Die Polizei brachten nach Augenzeugenberichten Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge in die Nähe des Geschehens. Zwei Hubschrauber kreisten über der Demonstration, die zunächst friedlich begonnen hatte.

Nach den massiven Ausschreitungen hat sich die Lage nach Einschätzung der Veranstalter am späten Sonnabendnachmittag wieder entspannt. Werner Rätz vom Organisationskomitee sagte, es sei eine "Situation eingetreten, mit der so nicht zu rechnen war". Derzeit bemühten sich die Organisatoren um Aufklärung, die Polizei sei weitgehend abgezogen.

Unangemeldete rechte Demonstrationen

Nach dem Verbot einer NPD-Kundgebung in Schwerin gegen den G8-Gipfel haben Anhänger der rechtsextremen Partei am Sonnabend unangemeldet in mehreren Städten demonstriert. In Berlin zogen nach Polizeiangaben etwa 100 Neonazis durch das Brandenburger Tor. Ein Sprecher sagte, Beamte hätten sich den Rechten in den Weg gestellt, seien aber beiseite geschoben worden. Mit Verstärkung habe die Polizei den Zug aufgelöst und 13 Demonstranten festgenommen.

In Niedersachsen zogen nach Polizeiangaben 350 Rechtsextreme durch Lüneburg, in Schleswig-Holstein 300 Rechte durch Lauenburg. In Güstrow bei Rostock beteiligten sich 250 NPD-Anhänger an einer spontanen Protestaktion. In Brandenburg versammelten sich 300 Rechtsextreme in Wittenberge, 60 in Potsdam und 80 in Oranienburg.

Die NPD war am Sonnabendmorgen mit dem Versuch gescheitert, ihre G8-Protestkundgebung in Schwerin mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchzusetzen. Dieses wollte nicht kurzfristig entscheiden. "Es waren wohl gut 1 000 NPD-Anhänger Richtung Schwerin unterwegs", sagte ein Polizeisprecher. Diese hätten dann "woanders Halt" gemacht.