Groß-Razzia gegen G-8-Gegner: In Hamburg, Berlin, in Brandenburg und in Bremen durchsucht die Polizei seit Mittwochmorgen Büros und Privaträume. In der Hansestadt durchsuchten die Beamten den linken Szene-Treff “Rote Flora“ - wegen des Verdachts eines terroristischen Hintergrunds.

Hamburg. Mit einer bundesweiten Razzia wegen Terrorverdachts ist die Polizei am Mittwoch gegen linke Gruppen aus dem Spektrum der G-8-Gegner vorgegangen. In Hamburg, Berlin, im Berliner Umland und in Bremen wurden seit dem Morgen Büros und Privaträume durchsucht, wie Sprecher der "Gipfelsoli Infogruppe" und von "Campinski" mitteilten. Die Bundesanwaltschaft schaltete sich ein, da der Verdacht eines terroristischen Hintergrunds bestehe, sagte eine Sprecherin mit Blick auf die Durchsuchung des autonomen Kulturzentrums "Rote Flora" in Hamburg. Seit heute Morgen, 8 Uhr, sind die rund 300 Beamten der Hamburger Polizei unter Federführung der Generalbundesanwaltschaft bei der Durchsuchung von 14 Objekten in Hamburg im Einsatz.

Hamburgs Innensenator Udo Nagel: "Ich unterstütze ausdrücklich die heutige Aktion der Polizei Hamburg unter Federführung der Generalbundesanwaltschaft. Die Durchsuchungen zeigen, dass die Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Extremisten nicht wehrlos sind. Niemand hat etwas gegen friedliche Versammlungen im Zusammenhang mit dem bevorstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm aber die Polizei wird ihre Null-Toleranz-Strategie gegen Randalierer, Chaoten und andere Straftäter fortsetzen. Ich appelliere an alle friedlichen Demonstranten, sich von Extremisten klar und deutlich zu distanzieren. Mit Straftätern werden wir nicht diskutieren." Die Gipfelgegner wiesen den Terrorvorwurf zurück.

Nach Angaben der Gipfelgegner ist der Durchsuchungsbeschluss ausgestellt mit Verweis auf den Paragrafen 129a und lautet auf "Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Verhinderung des G-8-Gipfels". Die Auswahl an linken Wohnprojekten und Infrastruktur mache deutlich, dass die Ermittlungen als Vorwand genommen würden, um wahllos gegen die linke Mobilisierung vorzugehen, hieß es in einer Erklärung. Hintergrund seien womöglich Ermittlungen zu diversen Sachbeschädigungen, die mit Bezug zum G-8-Gipfel verübt worden seien. In Hamburg handelt es sich dabei unter anderem um einen Brandanschlag der Gruppierung "August 2005" im Juli 2005 und um einen Anschlag der "AG Herz-infarkt" vom 8. Dezember 2005. Erst kürzlich, am 26. Januar, hatte die Gruppe "Revolutionäre Antimilitaristische AktivistInnen Butter bei die Fische" ebenfalls einen Brandanschlag verübt. Insgesamt handelt es sich um rund acht Anschläge die in Hamburg seit Juli 2005 verübt worden sind.

Festnahmen habe es aber zunächst nicht gegeben. Doch habe die Polizei eine Liste von 15 Personen, die gesucht würden, sagte ein Sprecher der "Gipfelsoli Infogruppe".

Die von der Bundesanwaltschaft geleitete Durchsuchung der "Roten Flora" in Hamburg dauere seit dem Morgen an, sagte eine Sprecherin am Vormittag. Die einst als Konzerthaus erbaute und seit 1989 besetzte "Rote Flora" gilt als Treffpunkt der linksextremistischen Szene in Hamburg. In Berlin waren nach Angaben von G-8-Gegnern mindestens sieben Wohnungen und Büroräume betroffen, darunter das Künstlerhaus Bethanien und das Kulturzentrum Mehringhof. In der Gegend um Bernau in Brandenburg richtete sich die Durchsuchung nach Angaben der Gipfelgegner anscheinend gegen Anti-Gentechnik-Aktivisten. Nähere Informationen lagen aber zunächst noch nicht vor.

Die Durchsuchungen richteten sich vor allem gegen Gruppierungen, die keine Forderungen an die G-8-Staaten stellten, sondern die G-8 als Institution rundherum ablehnten, hieß es in der Erklärung der Gipfelgegner weiter. Der Sprecher der "Gipfelsoli Infogruppe" verwies auf Vorfälle wie Farbbeutel-Würfe aus den vergangenen Wochen. Die Durchsuchungen würden nur vorgenommen, um Material für weitere Ermittlungen zu sammeln. Er betonte mit Blick auf die Polizei: "Der Fahndungsdruck ist hoch."