Warschau/Berlin. Die Entschädigungsklage der Vertriebenenorganisation Preußische Treuhand ist in Polen und Deutschland auf scharfe Kritik gestoßen. "Wenn die Deutschen Geld für verlorenes Eigentum verlangen wollen, sollen sie sich an die USA, Großbritannien und die Nachfolger der Sowjetunion wenden", sagte der ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski der Zeitung "Rzeczpospolita". Denn diese drei Staaten hätten auf der Konferenz von Potsdam über das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Schlesien, Pommern und Ostpreußen entschieden.

Die Preußische Treuhand hatte Polen bereits am 20. November vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg auf Entschädigung verklagt, wie Aufsichtsratsmitglied Rudi Pawelka am Freitag in Leverkusen mitgeteilt hatte. Das Gericht solle zunächst die Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich als Unrecht anerkennen. Noch am selben Tag hatte der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski die Treuhand-Klage als Bedrohung für die deutsch-polnischen Beziehungen bezeichnet.

"Ich gehe davon aus, dass sich wie bisher alle politisch relevanten Kräfte bis hin zum Bund der Vertriebenen von dem Vorstoß distanzieren", sagte die Koordinatorin der Bundesregierung für das deutsch-polnische Verhältnis, Gesine Schwan, der "Berliner Zeitung". Der SPD-Außenpolitiker Markus Meckel forderte von der Bundesregierung, sie müsse den Klagen jegliche Unterstützung verweigern.

Dorota Arciszewska-Mielewczyk, die Vorsitzende der Polnischen Treuhand, äußerte dagegen die Deutschen hätten "absolut kein moralisches Recht, von den Polen Entschädigungen für Eigentumsverlust nach dem Krieg zu fordern". Sollte die Preußische Treuhand ihre Klage nicht zurückziehen, sollten die "15 Millionen Polen, deren Familien im Zweiten Weltkrieg geschädigt wurden, Zivilklagen gegen die deutsche Regierung einreichen", forderte die nationalkonservative Politikerin. Die Polnische Treuhand war als Reaktion auf die Aktivitäten der Preußischen Treuhand gegründet worden.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jochen-Konrad Fromme sagte er sehe keinen Weg, wie die vermeintlichen Ansprüche der Kläger durchgesetzt werden könnten. Der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler in der Unions- Bundestagsfraktion wandte sich entschieden gegen die Preußische Treuhand: "Ich lehne die Aktivitäten und den Stil dieser Institution vollständig ab, weil sie Deutschland erheblichen außenpolitischen Schaden zufügt."

Allein die Existenz der Preußischen Treuhand wurde zu einer Belastung für das deutsch-polnische Verhältnis. Zuletzt hatte der polnische Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski angeregt, die deutsche Regierung solle die Finanzierung der Entschädigung von Vertriebenen übernehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ebenso wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) wiederholt darauf hingewiesen, dass seitens der Bundesrepublik keine Entschädigungsforderungen gegen Polen geltend gemacht werden. Die Regierung könne aber keine individuellen Klagen von Vertriebenen verhindern oder verbieten. Auch Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, hatte sich wiederholt von den Aktivitäten der Preußischen Treuhand distanziert.