Ein bisher unveröffentliches Vatikan-Dokument über den Ausschluß von Schwulen vom Priesteramt sorgt für heftige Empörung. Kritiker werfen dem Papst Diskriminierung vor.

Papst Benedikt XVI. hat mit einer bislang noch unveröffentlichten Anweisung zum Ausschluß von homosexuellen Priesteranwärtern von der Priesterweihe in Deutschland für Entrüstung gesorgt. Der parlamentarische Grünen-Geschäftsführer Volker Beck warnte den Vatikan am Mittwoch in Berlin vor einer "theologischen Verteufelung der Homosexualität". Der FDP-Kirchenbeauftragte Hans-Michael Goldmann nannte das von Benedikt XVI. unterzeichnete Papier sowohl in der Sache als auch in der Wortwahl verfehlt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sprach von einem "Kulturkampf", zu dem der Papst aufgerufen habe.

Die Anweisung des Vatikans, die in der kommenden Woche offiziell veröffentlicht werden soll, war am Dienstag an die Öffentlichkeit gelangt. Darin heißt es, die katholische Kirche dürfe nur solche Männer für das Priesteramt zulassen, die keine Homosexualität praktizierten, ihre Neigung nicht offen zur Schau trügen und die so genannte Schwulenkultur nicht unterstützten. Falls ein Priesteramtskandidat im Erwachsenwerden homosexuelle Tendenzen gezeigt habe, müßten diese vor einer Weihe zum Diakon - dem Ausbildungsberuf zum Priester - mindestens drei Jahre lang klar überwunden sein. Geistliche Begleiter und Beichtväter hätten zudem die Verpflichtung, bei weiter bestehender Homosexualität die Kandidaten vom Weg zum Priester abzubringen.

Beck nannte es "diskriminierend und nicht zu begründen", wenn der Vatikan von homosexuellen Priesteranwärtern mehr verlange als von heterosexuellen. Die katholische Kirche scheitere damit "an der ethischen, moralischen und theologischen Bewertung der Homosexualität". Goldmann betonte, das Keuschheitsgebot gelte in der katholischen Kirche für alle Priester gleichermaßen - also Hetero- und Homosexuelle. Vor diesem Hintergrund dürfe bei der Auswahl der Priesterkandidaten auch nicht nach der persönlichen Neigung oder Veranlagung unterschieden werden.

Die amtskirchenkritische Bewegung Wir sind Kirche warf Benedikt XVI. vor, mit einer seiner ersten Veröffentlichungen als Papst ein "sehr enttäuschendes Zeichen" gesetzt zu haben. Damit finde eine Ausgrenzung homosexueller Priester statt, sagte Wir-sind-Kirche-Sprecher Christian Weisner der Nachrichtenagentur AFP. "Wenn diese Anweisung Wort für Wort umgesetzt wird, dann wird sich der Priestermangel in der katholischen Kirche noch einmal drastisch verschärfen." LSVD-Sprecher Manfred Bruns kritisierte, der Vatikan lege an Schwule andere Maßstäbe an als an Heterosexuelle. "Das bedeutete eine Verdammung von Homosexualität an sich." Damit entlarvten sich Aussagen des Vatikans, keine Diskriminierung von Homosexuellen zu wollen, als "pure Scheinheiligkeit".

In der Einleitung des Ende August vom Papst genehmigten Textes wird auf aktuelle Entwicklungen hingewiesen, die zu einer Dringlichkeit der Veröffentlichung einer solchen Anweisung geführt hätten. In den vergangenen Jahren hatten immer wieder Sex-Skandale die katholische Kirche erschüttert; dabei waren mehrfach Fälle des Mißbrauchs von Jungen durch homosexuelle Priester bekannt geworden. Im vergangen Jahr wurden im Priesterseminar in Sankt Pölten in Österreich auf Computern 40.000 teils pädophile Pornobilder gefunden; außerdem waren auch Fotos von sexuellen Kontakten zwischen Seminarmitgliedern und Lehrenden an die Öffentlichkeit geraten.

In ihrem Katechismus lehnt die katholische Kirche praktizierte Homosexualität als schwere Sünde und unmoralisch ab. Anders ist die Position gegenüber Menschen mit homosexuellen Tendenzen, die diese nicht ausleben. Diesen soll nach Auffassung der Amtskirche mit Respekt begegnet werden, ungerechte Diskriminierung sei zu vermeiden.