Was mag Slayer-Sänger Tom Araya passiert sein in Sekunde 20 von „Angel Of Death“, als er einen der markantesten Schreie der Metalgeschichte ausstieß? Theorien gibt es unter Fans viele: Er ist auf einen Legostein getreten. Er hat sich den Zeh an einer Sofaecke gestoßen. Der Roadie hat alkoholfreies Bier gekauft.

Das war es aber auch mit Spaß. Schließlich reden wir von Slayer.

Keine Band ist härter, schneller, böser als das derzeitige apokalyptische Quartett aus Sänger und Bassisten Tom Araya, die Gitarristen Kerry King und Gary Holt und Schlagzeuger Paul Bostaph. Natürlich gibt es diverse Bands, die schneller, härter und böser sind. Aber: Keine davon ist Slayer.

Von Anfang an, 1981, setzten die Kalifornier sich den Anspruch, die tiefsten Abgründe des menschlichen Daseins zu ergründen und zu vertonen. Als Dokumentation sozusagen. Und 1986, als Metal trotz Iron Maiden, Metallica, Judas Priest & Co. noch in den Kinderschuhen steckte, kroch Slayer mit dem dritten Album „Reign In Blood“ aus dem Abgrund hervor. Armut und Krankheit, regnendes Blut, Mord, Besessenheit, Holocaust. Das Grauen hatte Songtitel wie „Raining Blood“, „Angel Of Death“, „Criminally Insane­“ und „Epidemic“. Nach zwei weiteren Alben, „South Of Heaven“ (1988) sowie „Seasons In The Abyss“ (1990), unzähligen kontrovers diskutierten Themen wie Songs mit NS-Hintergrund („The Final Command“, „SS-3“) und Fanclubnamen („Slatanic Wehrmacht“) war die abartigste Band ihrer Zeit gefunden. Sie ist eine der stilbildenden, erfolgreichsten Gruppen des Thrash Metal.

Gründungsgitarrist Jeff Hanneman starb 2013 an Leberzirrhose

Während sich viele Metal-Kollegen spätestens hinter der Bühne als gar nicht so gruselige Zeitgenossen, als nette Kumpels und angenehme Begleitung erwiesen, war Slayer auch eine Garantie für schlechte Laune. Das Internet ist voll mit Videos, in denen Tom Araya bei Konzerten Fans für Fehlverhalten maßregelte, und auch wenn alles gut lief, sahen Araya, King, der 2013 an Leberzirrhose gestorbene Gitarrist und Songschreiber Jeff Hanneman und der 2013 ausgestiegene Schlagzeuger Dave Lombardo – die Gründungsmitglieder – selten aus, als würden sie auf der Bühne vor Tausenden durchdrehenden Fans so etwas wie Spaß haben. Wer einige der gut zehn Konzerte in Hamburg erlebt hat, der weiß, wie Lustlosigkeit aussehen kann. Dass Tom Araya Tourneen und Abwesenheit von seiner Familie nicht ausstehen kann, ist auch kein Geheimnis mehr.

Trotzdem schrien viele Fans auf wie Tom Araya am Anfang von „Angel Of Death­“, als Slayer im Januar 2018 mitteilte, sich nach 37 Jahren, zwölf Alben (zuletzt erschien 2015 „Repentless“) und einer finalen Tour aufzulösen. Noch einmal wird die Band, deren Name niemand leise ausspricht und jeder brüllt („Slaaaayeeer!“) am 26. November in die Barclaycard Arena nach Hamburg kommen. Als „War Ensemble“, das zeigt, dass nach den Rock-Dinosauriern der 70er auch die Metal-Monster der 80er langsam, aber sicher aussterben.

Slayer, Lamb Of God, Anthrax, Obituary Mo 26.11., 18.30 Uhr, Barclaycard Arena (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 72 Euro im Vorverkauf