Palu .

„Wir brauchen Essen“, steht auf den Schildern, die die Menschen auf der indonesischen Insel Sulawesi vor sich hertragen. Der Tsunami hat ihnen die Lebensgrundlage geraubt. Es fehlen Nahrung, Wasser, Strom. An Tankstellen gibt es lange Schlangen. Benzin ist knapp geworden. Und am Flughafen warten Tausende darauf, ausgeflogen zu werden. Mindestens 1400 Menschen haben ihr Leben verloren. Mehr als 2500 Menschen wurden schwer verletzt. Längst sind nicht alle Toten aus den Trümmern und dem Schlamm geborgen. Auf viele hier wirkt solch ein Zahlenwerk grotesk. Allen ist klar, dass noch Hunderte Tote hinzukommen werden, vielleicht sogar Tausende. Zu allem Unglück brach auf Indonesiens viertgrößter Insel am Mittwoch auch noch ein Vulkan aus. Der 1800 Meter hohe Soputan schleuderte Asche bis zu vier Kilometer in die Höhe. Zunächst gab es jedoch keine Berichte über größere Schäden.

Bei der Suche nach Überlebenden fanden Rettungskräfte auf dem Gelände der zerstörten Joonoge-Kirche nahe Palu im Schlamm die Leichen von 34 Bibelschülern, 50 weitere werden noch vermisst. In einem eingestürzten Hotel wurden am Mittwoch zehn weitere Tote entdeckt. Unter den Trümmern werden noch etwa 30 Gäste vermutet. Kaum jemand glaubt, dass noch jemand am Leben ist. Manche Einheimische beklagen sich, dass vorrangig in Hotels gesucht würde. „Unsere Leute liegen hier unter den Trümmern. Aber niemand sucht nach ihnen“, sagte ein Mann namens Adon Lawira.

Es gibt aber auch Erfolge. Aus den Trümmern eines Verwaltungsgebäudes in Palu ziehen die Helfer einen Mann heraus, Sapri Nusin. „Können Sie laufen?“, fragt ein Feuerwehrmann. Die Antwort: „Ja, aber ich bin sehr durstig.“ Dann nimmt ihn ein Krankenwagen auf. Allerdings sinken die Chancen auf solche glücklichen Momente mit jeder Stunde. Das wissen auch die Retter. Die Hoffnung wird geringer. Aber noch ist sie da.

Die Stadt Palu mit 350.000 Einwohnern wurde von dem Tsunami am vergangenen Freitagabend besonders hart getroffen. Hunderte Rettungsteams sind hier auch damit beschäftigt, die Toten in schnell ausgehobenen Massengräbern beizusetzen. Damit keine Seuchen ausbrechen.

Die Situation für die Überlebenden ist nicht einfach. In den Krankenhäusern der Region fehlt es an Strom und an Treibstoff. Verletzte können nur notdürftig versorgt werden. Mit Hercules-Transportmaschinen flog deshalb das Militär mehrere Dutzend von ihnen aus. Sie wurden in die Provinzhauptstadt Makassar gebracht, wo ihre Versorgung gesichert ist. Mehrere Tausend Überlebende warteten allerdings vergebens darauf, in einem der Flugzeuge mitgenommen zu werden. Viele flüchten jetzt auf Mopeds aus dem Katastrophengebiet, nur mit dem Allernötigsten.

Am Flughafen von Palu wurden Feldlazarette aufgestellt, die mit Notstromaggregaten versorgt werden. Einer der Patienten dort, ein Mann namens Rifki, klagte jedoch: „Wir haben hier keinerlei Aussicht auf eine angemessene Behandlung. Alles, was sie uns geben, sind Schmerztabletten.“ Ein anderer Mann namens Basrun berichtete, dass seine Frau seit dem schlimmsten Erdbeben der Stärke 7,4 nicht mehr zu sich gekommen sei. „Sie ist noch nicht mal geröntgt worden.“

Dem Katastrophenschutz zufolge haben mehr als 70.000 Menschen entlang der Westküste Sulawesis ihre Unterkunft verloren. Den Helfern boten sich grauenhafte Bilder: Tote am Strand und im Schlamm, den die Flutwelle hinterlassen hat, Trümmerberge überall. Die Rot-Kreuz-Helferin Aulia Arriani sagt: „Das Schlimmste ist, anderthalb Stunden durch den Schlamm zu waten und Leichen zu tragen.“

Die Vereinten Nationen schätzen, dass fast 200.000 Leute auf Hilfe angewiesen sind. Aus aller Welt gibt es Zusagen. Auch die Bundesregierung hat 1,5 Millionen Euro angeboten. Wegen der zerstörten Infrastruktur wird es jedoch dauern, bis die Hilfe tatsächlich ankommt.

Die Not wird laut Behörden immer größer. Mehrfach wurden in Palu Geschäfte geplündert. Auch von Warnschüssen der Polizei und von Tränengas ließen sich die Leute nicht abhalten. Mindestens 45 Plünderer wurden festgenommen.