Der Dokumentarfilm „Waldheims Walzer“ ist hochaktuell

    Er war „der Mann, dem die Welt vertraut“: Kurt Waldheim, UN-Generalsekretär von 1972–1982. Dann ließ er sich 1985 als Kandidat für das österreichische Bundespräsidentenamt aufstellen und es kam zur „Waldheim-Affäre“. Bis dahin hatte Waldheim die Frage, was er im Krieg getan habe, damit beantwortet, nach dem „Anschluss“ in die deutsche Armee eingezogen worden zu sein. Nach einer Verwundung 1941 an der Ostfront habe er nicht mehr am Kriegsgeschehen teilgenommen. Die Darstellung wurde 1986 als irreführend entlarvt. Tatsächlich hatte Waldheim bis Kriegsende unter anderem im Stab eines später wegen Kriegsverbrechen hingerichteten Generals gearbeitet und im besetzten Thessaloniki Dienst getan, dessen jüdische Bevölkerung während seiner Zeit nach Auschwitz deportiert wurde. Wovon Waldheim erst 1986 erfahren haben will.

    Die österreichische Dokumentarfilmerin Ruth Beckermann gehörte 1986 zu einer Gruppe von Aktivisten, die Waldheims Wahl verhindern wollten. Sie filmte das Pro und Contra auf den Straßen Wiens, nahm aber auch selbst an Protestaktionen teil. Für „Waldheims Walzer“ schneidet sie ihr Material mit internationalen Archivaufnahmen zusammen zu einem faszinierenden Zeitbild.

    Beckermann geht chronologisch vor. Neue Enthüllungen im Wochentakt prägen den Wahlkampf ’86, der sowohl antisemitische Ressentiments aufleben lässt als auch Österreichs Mythos, das „erste Opfer Hitlers“ gewesen zu sein, infrage stellt. Waldheim verteidigt sich mit den immer gleichen Phrasen. Nie will er etwas gewusst haben von den Kriegsverbrechen. Vor allem aber diffamiert er die „Schmierkampagne“ gegen ihn, die „wohl größte in der Geschichte Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg“. Der Satz könnte heute so aus dem Mund eines anderen bekannten Politikers kommen.

    „Waldheims Walzer“ AU 2018, 94 Min., ab 6 J., R: Ruth Beckermann, im 3001; www.salzgeber.de/kino/#waldheimswalzer