Palu/Berlin.

Erst überstanden sie das furchtbare Erdbeben und den anschließenden Tsunami. Dann suchten die Überlebenden in den Trümmern von Palu nach Verwandten und Freunden. Seit Montag nun regieren verzweifelter Hunger und Durst. Bewohner der Stadt plünderten die Vorräte unzerstörter Supermärkte und durchkämmtem die Ruinen von kleinen Geschäften. Denn am dritten Tag nach der Katastrophe vom Freitagabend konnten nur wenige Flugzeuge auf dem beschädigten Flughafen der Stadt landen.

Derweil geht es auch um die Frage, ob die Behörden zu früh ihre Tsunami-Warnung aufgehoben und damit vielleicht Tausende Tote mitverschuldet haben. Seit 2011 ist in Indonesien ein Tsunami-Warnsystem im Einsatz, das maßgeblich von deutschen Forschern des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) mitentwickelt wurde und betrieben wird. „Technisch hat das System einwandfrei funktioniert“, stellt Josef Zens vom GFZ im Gespräch mit unserer Redaktion klar. Das Zentrum hat mehrere Tausend Messstationen auf der ganzen Welt, die jede Erschütterung auf dem Meeresboden erkennen. Nach derzeitigem Stand lösten die indonesischen Behörden zwar einen Tsunami-Alarm aus, gaben aber nur 30 Minuten später wieder Entwarnung. Zu diesem Moment habe es keine Flutwellen mehr gegeben, sagte Dwirkorita Karnawati, Leiterin der zuständigen Agentur für Meteorologie, Klima und Geophysik, der Zeitung „Jakarta Post“. Den Vorschriften aber entsprach die frühe Entwarnung wohl nicht. „Die Regeln sehen vor, dass eine Tsunami-Warnung erst nach zwei Stunden aufgehoben werden darf“, sagt Josef Zens vom GFZ. Möglicherweise hätten also viele Menschenleben gerettet werden können. Offiziell bestätigt waren am Montagnachmittag 844 Tote. Gerechnet wird aber mit mehreren Tausend.

Die Helfer, die es inzwischen nach Palu schafften, wissen wiederum nicht, wo ihnen der Kopf steht. Die Leichen, die sich unter freiem Himmel stapeln, werden seit Montag in Massengräbern beigesetzt. Viele der Opfer wurden nicht identifiziert. Der Leiter der staatlichen Suchtrupps in der Stadt Palu, Nugroho Budi Wiryanto, klagte: „Es gibt kaum schweres Gerät und praktisch keinen Treibstoff. Das macht uns die Rettung von Opfern sehr schwer.“ Zudem gibt es vielerorts immer noch keinen Strom.

Die Behörden sprechen gegenwärtig von 16.800 Vermissten.