Palu.

Fast zwei Tage musste Michael Bode in Braunschweig voller Ungewissheit warten. Dann endlich erhielt er am Sonntag kurze Nachrichten aus dem von deutschen Freunden geleiteten Prince John Dive Resort nahe dem kleinen und knapp 30 Kilometer von der indonesischen Stadt Palu entfernten Ort Donggala. „Haben überlebt. Geringe Schäden am Resort.“

Für viele Indonesier, die mit zunehmender Verzweiflung ebenfalls auf Nachrichten warteten, gab es am Sonntag kein glückliches Ende. Je mehr Informationen aus der Region Zentral-Sulawesi mit 1,6 Millionen Menschen sickerten, desto schlimmer wurde das Bild. „Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Todesopfer auf mehrere Tausend steigen wird“, ­erklärte der aus Süd-Sulawesi stammende stellvertretende Präsident Indonesiens, Jusuf Kalla, angesichts der Katastrophe in seiner Heimat. Bis zum Sonntagabend meldete die nationale Polizei mindestens 1200 Tote. Allein in der Stadt Palu, die nach dem Erdbeben der Stärke 7,4 und einem meterhohen Tsunami am Freitagabend weitgehend zerstört worden war, wurden mehr als 800 Tote gezählt.

Die Hilferufe, die während der ersten Stunden nach dem Beben noch aus den Trümmern des einstmals achtstöckigen Roa-Roa-Hotels in Palu drangen, waren am Sonntag längst verstummt. Retter hatten zuvor mit bloßen Händen Überlebende aus dem Schutt gezogen. An den Straßenrändern der Küstenstadt tauchten im Laufe des Sonntags aber auch immer mehr Plastiksäcke auf, mit denen Todesopfer der Katastrophe zugedeckt wurden.

Behörden wegen Entwarnung in der Kritik

An der Küste stand der Boden von Palus berühmter Moschee immer noch unter Wasser. Das Gebäude war ursprünglich 30 Meter vor dem Talisa-Strand der Stadt errichtet worden. Bis zum Freitagabend, als kurz nach sechs Uhr die Ausgehpromenade von einem meterhohen Tsunami überspült wurde. Weite Teile der Stadt wurden verwüstet. Die Welle kam eine halbe Stunde nach dem Beben und eine halbe Stunde, nachdem Behörden den Tsunami-Alarm bereits aufgehoben hatten. „Die Messgeräte haben die Flutwelle nicht aufgezeichnet“, rechtfertigten die Behörden ihre Versagen.

Aus vielen betroffenen Ortschaften in Zentral-Sulawesi, die von dem Erdbeben heimgesucht worden waren, ­tröpfelten auch am Sonntag nur dürftige Nachrichten ein. So fehlen bislang auch Einzelheiten aus dem Epi­zentrum rund 75 bis 80 Kilometer nördlich von Palu. Dort hatte am Freitag die Erdkruste nur zehn Kilometer unter der Oberfläche auf Südostasiens berüchtigtem und von aktiven Vulkanen übersätem „Ring des Feuers“ gebebt. Erst vor einem Monat forderte ein ähnlich starkes Beben auf der Insel Lombok knapp 1000 Tote.

Die Retter in der Region Palu haben nicht nur mit einer weitgehend zerstörten Infrastruktur ohne Strom und Trinkwasser zu kämpfen. Selbst in der nur rund 100 Kilometer entfernten Stadt Poso gingen am Sonntag die Vorräte aus. Die Tankstellen wurden aus Mangel an Benzin geschlossen. Die Fahrt nach Palu, die normalerweise vier Stunden dauert, geriet zu einer unendlichen Reise, weil umgefallene Bäume und Erdrutsche die Straße teilweise blockierten.

Zumindest nahm der Flughafen von Palu, der beim Erdbeben beschädigt worden war, am Sonntag wieder seinen Betrieb auf. Während die ersten Flugzeuge mit Hilfslieferungen auf der um 800 Meter auf 2000 Meter ­verkürzten Piste landeten, prügelten sich im Flughafengebäude Überlebende um Beutel mit Kartoffelchips. Zwei Tage nach der Katastrophe hatte sich die Versorgungslage so dramatisch ­zugespitzt, dass Überlebende um jedes bisschen Nahrung kämpften.

Das acht Kilometer von Palu entfernte Donggala erschien dagegen für die Hilfskräfte auch am Sonntag zunächst unerreichbar. Erdbeben und Tsunami hatten die von zahlreichen Steinbrüchen gesäumte Straße in den Ort unpassierbar gemacht. Erste Retter konnten Donggala nur per Boot erreichen. „Wir wissen nicht, was uns erwartet“, sagte ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes.