Hamburg. Jörn Kruse erhebt schwere Vorwürfe: Die Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen sei für ihn „untolerierbar“

    „Irgendwann ist auch der längste Geduldsfaden zu Ende“: Der Vorsitzende der AfD-Bürgerschaftsfraktion, Jörn Kruse, hat gestern seinen Austritt aus der Partei und der Fraktion erklärt. „Die zunehmende Zusammenarbeit von Teilen der AfD, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, mit Rechten und Rechtsradikalen ist für mich vollständig untolerierbar“, schrieb Kruse in einer Mail an die Abgeordneten. Daher werde er zum 1. Oktober aus der Partei austreten, den Vorsitz der Fraktion niederlegen und vom 1. November an als fraktionsloser Abgeordneter der Bürgerschaft angehören.

    Weiter schrieb Kruse, er habe mit seinem Verbleib in der AfD trotz deren Entwicklung seit 2015 seine „bürgerliche Reputation“ aufs Spiel gesetzt. „Jetzt, nach Chemnitz und den fehlenden Konsequenzen hinterher, denke ich nicht mehr, dass die AfD das derzeit noch wert ist.“ Wer noch glaube, „dass es übertrieben ist, bei Björn Höcke und Andreas Kalbitz von Nazi-Diktion zu reden, sollte die betreffenden Stellen ihrer Texte und Reden mit solchen der Nationalsozialisten aus den von ihnen als ,Systemzeit‘ bezeichneten Jahren vor 1933 vergleichen“, so Kruse. Neben „rechtsradikalen Ausfällen Einzelner, die man (wenn man gutwillig ist) noch als psychopathisches Phänomen klassifizieren könnte“, sei es „die Quasi-Nichtreaktion der Bundesspitze, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat“. Letzter Auslöser des Austritts sei eine Kampfabstimmung in der Fraktion darüber gewesen, wonach er sich nur noch nach interner Abstimmung öffentlich äußern solle, so Kruse. Zuletzt hatte die Parteiführung sogar ein formales Ordnungsverfahren gegen den eigenen Fraktionschef Kruse eingeleitet.

    Parteichef Dirk Nockemann und Co-Fraktionschef Alexander Wolf wiesen die Aussagen Kruses zu einem „angeblichen Rechtsruck“ zurück. Mit dem Austritt Kruses sei „kein Kurswechsel“ verbunden. Man werden die „Hamburger Linie weiterverfolgen“.