Washington.

Einige betranken sich bis zur Besinnungslosigkeit. Manche nahmen bunte Pillen oder hingen an der Nadel. Wieder andere schöpften ihre Gestaltungskraft vor der Leinwand, am Notenschlüssel oder dem unbehauenen Felsbrocken aus der Anmut ihrer Musen. Aber keinem Künstler der jüngeren Menschheitsgeschichte war es vergönnt, seine Kreativität bei einem mehrtägigen Schnupperflug in der Schwerelosigkeit auszuleben. Yusaku Maezawa will das ändern.

Der japanische Milliardär möchte in fünf Jahren als erster Tourist mithilfe des von Hightech-Zampano Elon Musk geführten Weltraumunternehmens SpaceX auf eine Odyssee rund um den Mond starten. Nicht als Egoist. Der 42-Jährige will acht Künstler aus Film, Tanz, Schriftstellerei, Fotografie, Malerei, Musik, Bildhauerei, Architektur und Modedesign auf die rund einwöchige Reise mitnehmen. Nach der Rückkehr zur Erde erwartet der aus Chiba bei Tokio stammende Unternehmer, der Schlagzeuger in einer Punkrockband war und sein Vermögen von drei Milliarden Dollar mit dem Verkauf von Mode auf der Online-Plattform Zozotown und dem Handel mit Musik-CDs gemacht hat, geistige Dividende: „Meisterwerke, die in uns allen den Träumer inspirieren werden.“

Anhaltspunkt für seinen Qualitätsmaßstab: Am liebsten hätte Maezawa, der sich am Dienstagabend in der ­SpaceX-Zentrale in Hawthorne nahe Los Angeles gemeinsam mit Musk in einer 90-minütigen Show der Öffentlichkeit präsentierte, wohl Jean-Michel Basquiat mit an Bord gehabt. Für ein Totenkopf-Gemälde des mit 27 Jahren an einer Heroin-Überdosis gestorbenen US-Künstlers zahlte Maezawa bei einer Auktion im vergangenen Jahr den Rekordpreis von 110 Millionen Dollar.

Ob diese Summe als Budget für den Jungfernflug bei SpaceX ausreichen wird, bezweifeln Experten. Maezawa hat für den kühnen Trip, den Elon Musk auch als PR-Maßnahme für seine noch ambitionierteren Pläne für Flüge zum Roten Planeten Mars begreift, eine Anzahlung in bisher geheim gehaltener Höhe geleistet. Was zu Musks hochfliegenden Ambitionen passt.

Der Chef des E-Auto-Herstellers Tesla lässt zwar durch SpaceX im Auftrag der Nasa seit geraumer Zeit kostengünstig mit wiederverwertbarem Fluggerät Proviant zur Raumstation ISS und für Privatkunden Satelliten aller Art ins All transportieren. Was den bemannten Weltraumtourismus anbelangt, intoniert der gebürtige Südafrikaner aber bisher nur Zukunftsmusik. Das hat er gemein mit seinem Konkurrenten Richard Branson (Virgin), der neuerdings vom italienischen Apulien aus private Weltraumabenteuer plant. Und mit Amazon-Gründer Jeff Bezos, dessen All-Ableger Blue Origin ebenfalls an kommerziellen Spaßflügen ins All arbeitet.

Seit 1972 war kein Mensch mehr in Mondnähe

Musk hat seit der ersten Vorstellung der Idee im Februar 2017 zweimal den Starttermin verschoben und zweimal das Raketendesign gewechselt. Nach heutigem Stand soll eine noch nicht mal durchfinanzierte, geschweige denn gebaute oder ausreichend getestete 118 Meter lange Super-Rakete nebst passendem Raumgleiter (Arbeitstitel: BFR – Big Falcon Rocket, geschätzte Kosten: fünf Milliarden Dollar) Maezawa und Entourage auf die 382 500 Kilometer lange Strecke bis auf 200 Kilometer Abstand zum Mond bringen.

Erste Probeläufe sind für Ende 2019 geplant. Dass sich der Starttermin für den reiselustigen Japaner – derzeit das Jahr 2023 – deutlich nach hinten verschieben könnte, liegt darum aus Sicht von Raumfahrtexperten auf der Hand. Zumal die Risiken nicht unbeträchtlich sind. Seit der „Apollo 17“-Expedition Ende 1972 war kein Mensch mehr in Mondnähe. „Es ist ein wirklich sehr gefährliches Vorhaben“, sagte Musk und hob sich den kleinen Japaner für die Fotografen auf die Schultern, „aber wir werden alles für die Sicherheit tun.“