Im Herbst soll ein Satellit ins All geschossen werden – nur um schön zu glänzen

    In einer Welt voller tagespolitischer Hässlichkeit, in einer Welt, in der sich alles rechnen muss, in einer Welt des Größer, Schneller, Mehr ist die Kunst mehr denn je vonnöten. Manchmal müssen Dinge einfach nur schön sein, sie sollen interesseloses Wohlgefallen auslösen und niemandem zu Diensten sein. Aber wir wollen an dieser Stelle nicht von der Herrlichkeit des Sinnlosen sprechen oder dem Luxus des Planlosen, denn auch etwas, das erst einmal kein Ziel verfolgt, kann einen Nutzen haben. So wie das Kunstwerk „Orbital Reflector“, das im Herbst, nun ja: ausgestellt wird. Nicht auf Erden, sondern im Weltall. Potztausend.

    Der Orbital Reflector ist nämlich ein Satellit, und er soll Mitte November in die Erdumlaufbahn geschossen werden. Er wurde von dem amerikanischen Künstler Trevor Paglen geschaffen beziehungsweise so modifiziert, dass er nichts anderes tut, als das Sonnenlicht zu spiegeln. Das Sonnenlicht spiegeln – gibt es eigentlich eine glanzvollere Funktion, jetzt mal ehrlich?

    Und ob, sagen Kritiker der Kunstaktion, und sie sagen es deutlich. „Hey Künstler, hört auf, glänzenden Scheiß ins All zu setzen“, hieß es etwa im Online-Magazin „Gizmodo“, als im Januar ein ähnlich zweckfreier Satellit ausgesetzt wurde.

    Weltraumschrott hin oder her: Klarer Fall von gar nichts verstanden. Der vollkommen unkommerzielle, der nichts messende und keine Daten sammelnde Satellit des Trevor Paglen ist ein willkommener Außenseiter im Kreise all der Dienstleister im Orbit, der uns daran erinnert, dass noch nicht einmal dort oben alles einen direkten Zweck haben muss.

    Nennen wir es einen höheren Sinn, im Sinne des Wortes.