Freiburg/Blomberg.

Fünf Jahre lang fehlte jede Spur, doch zuletzt überschlugen sich die Ereignisse. Die neueste Wendung im rätselhaften Fall der 2013 verschwundenen Maria H. ereignete sich am Freitag: Der wegen Kindesentzugs international gesuchte Mann, mit dem Maria einst untergetaucht war, ist in Italien festgenommen worden.

Das meldete die Polizei in Marias Heimatstadt Freiburg. Ansonsten hielt sie sich bedeckt. Wo genau der 58-jährige Bernhard H. aus Blomberg (NRW) gefasst wurde, gab die Polizei nicht bekannt. Sie will die Ermittlungen der italienischen Behörden nicht gefährden. Möglicherweise habe die Festnahme damit zu tun, dass Fotos von Bernhard H. nach Marias Rückkehr auch in Italien erneut in den Medien gezeigt wurden, heißt es.

Im Internet suchte erKontakt zu jungen Mädchen

Dass sich der Elektriker ausgerechnet in Italien aufhielt, ist eine Überraschung. Denn dort hatte auch Maria gelebt, bevor sie Ende August zu ihren Eltern nach Freiburg zurückkehrte. In einer polizeilichen Vernehmung am Mittwoch gab sie an, sie und Bernhard H. hätten zunächst eine Zeit lang zusammen in Polen im Auto gelebt, nachdem sie Freiburg im Mai 2013 verlassen hatten. Weil er sie nicht gut behandelt habe, sei sie dann aber allein mit Fahrrad und Zelt weitergezogen und nach drei Monaten in Italien angekommen. Dort habe sie sich ihren Lebensunterhalt fortan mit Gelegenheitsjobs verdient, so Maria. Was aus Bernhard H. geworden sei und wo er sich aufhalte, wisse sie nicht.

Hatten die beiden wirklich keinen Kontakt mehr, wie Maria aussagte? Auf Facebook schrieb die junge Frau, sein Verhalten ihr gegenüber habe sich während der gemeinsamen Reise nach Polen verschlechtert. Sie habe aber erst dann zu ihrer Familie zurückkehren wollen, wenn Gras über die Sache gewachsen sei. „Und dann war es einfacher, so weiterzumachen als umzukehren.“ Nach ihrem 18. Geburtstag habe sie schließlich keine Sorgen mehr gehabt, in ein Kinderheim zu müssen oder stundenlang verhört zu werden – deshalb sei sie nach Deutschland zurückgekommen. Maria schrieb, ihr sei bewusst geworden, „wie sehr meine Familie nach mir sucht, und ich konnte es vor schlechtem Gewissen nicht mehr aushalten“.

Ist es überhaupt denkbar, dass eine 13-Jährige allein durch Europa radelt, jahrelang als Fensterputzerin und Haushaltshilfe arbeitet und eine eigene Wohnung bezieht? Der ehemalige Chef der europäischen Polizeibehörde Europol, Max-Peter Ratzel, hält es zumindest für nachvollziehbar, dass eine Minderjährige so lange unentdeckt bleibt. Im SWR verwies er auf mangelnde Grenzkontrollen im Schengenraum. Und: „Es scheint mir nicht völlig unwahrscheinlich, dass ein Pärchen, bestehend aus einem älteren Herrn und einem jüngeren Mädchen, das durchaus als seine Tochter durchgehen kann, unentdeckt bleibt.“

Sie hatte Bernhard H. im Internet kennengelernt. Damals war sie zwölf, er gab sich zunächst als Jugendlicher aus. Die Polizei geht davon aus, dass das Mädchen in den 40 Jahre älteren zweifachen Familienvater verliebt war und freiwillig mitging. Juristisch ist das unerheblich: Die Behörden werfen Bernhard H. dennoch Kindesentzug sowie Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Kindern vor. Vor ihrem Verschwinden hatten sich Maria und ihr Begleiter mehrmals heimlich in Freiburger Hotels getroffen. Die eigene Ehefrau hatte Bernhard H. schon zuvor angezeigt, weil er im Netz Kontakt zu Minderjährigen suchte.