Rellingen. Torsten Hanenkamp ist Chef der Rellinger Firma Il Motore, die vorwiegend alte Fiats restauriert. Privat ist er auch gern mit einem Rolls-Royce aus den 1970ern unterwegs

    Größer könnte der Kontrast wohl nicht sein: Der wuchtige, betagte Rolls-Royce Silver Shadow II, Ausdruck edelster britischer Automobilbaukunst der 1970er-Jahre, steht majestätisch inmitten einer Gruppe kleiner, frecher Fiat-Flitzer. Die knuddeligen Italiener der Baureihe 500 haben auch schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel, unter dem sich jeweils der Heckmotor verbirgt. Doch der würdige Brite wirkt neben ihnen wie ein Riese im Land der Zwerge.

    Zu solchen Begegnungen kommt es immer wieder in Rellingen. Denn der Eigentümer des Rolls-Royce, Torsten Hanenkamp, ist Chef der Firma Il Motore, die sich auf auf historische Fiats sowie Porsche-911-Klassiker mit den jeweiligen Heckmotoren und deren Wohlergehen spezialisiert hat.

    Der Firmenname Il Motore (der Motor) sagt schon, dass es vor allem um die Antriebsaggregate, deren Pflege, Aufarbeitung und sogar Neubau geht. Doch zum Ausgleich für den Umgang mit den winzigen Fiats (ge-)braucht der studierte Maschinenbauer am Wochenende gern mal das kapitale Gegenstück.

    Mit dem Rolls rollt Hanenkamp dann manchmal zügig, doch meistens vornehm im angemessen gemäßigten Tempo über die Straßen der Region. Besonders gern ist der Rellinger mit seinem Silver Shadow II, wie es sich für einen Klassiker gehört, bei Anlässen wie Oldtimertreffen, Veteranenausfahrten oder Hochzeiten und Jubiläen im Bekanntenkreis unterwegs. Doch auch einen Ausflug an die holländische Nordseeküste hat der rüstige Rolls schon ohne Pannen überstanden.

    Der Silver Shadow II ist, anders als es der Name vermuten lässt, in dezentem Braun-Metallic lackiert. 5, 20 Meter ist er lang, und man muss schon sehr genau hinsehen, um zu erkennen, dass einige Teile der Karosserie restauriert worden sind. „Rolls-Royce verwendete schon in der 1970er-Jahren moderne wasserlösliche Lacke, die damals aber noch anfälliger für Rost waren“, erläutert Torsten Hanenkamp. Sein Rolls ist Baujahr 1977 und – wie es sich für so ein Prachtstück gehört – bestens in Schuss.

    Helle Ledersitze und edles Holz prägen den Innenraum

    Der großzügig dimensionierte Innenraum wird von hellen Ledersitzen und edlen Holzverschalungen am Armaturenbrett und an den Türen geprägt. Dass der Silver Shadow ein echter Brite ist, fällt gleich beim Einsteigen auf. Denn Lenkrad und Pedalerie befinden sich auf der rechten Seite. Logisch: Denn in Großbritannien ist bekanntlich Linksverkehr vorgeschrieben. Dies führt dazu, dass Torsten Hanenkamp in Deutschland in seinem Rolls aus der Perspektive des Beifahrers das Verkehrsgeschehen überblicken muss. Doch das klappt bestens, wie er sagt.

    Die Edelkarosse bringt mehr als zwei Tonnen auf die Waage

    Unter der langen Motorhaube mit dem Edelmetall-Kühlergrill und der als Emily bezeichneten Kühlerfigur ist genügend Raum für den wuchtigen Antriebsblock im V8-Format mit üppigen 6¾ Litern Hubraum. „Die krumme Zahl ist typisch britisch“ sagt Hanenkamp. V8 steht für die Anordnung von jeweils vier gegenüberliegenden Zylindern in V-Form. Solche technischen Finessen und eine perfekte Dämmung sorgen für einen seidigen Motorlauf, sodass im Innenraum des Wagens vom Antriebsaggregat kaum etwas zu hören ist. Das dreistufige Automatikgetriebe bietet eine komfortable Bedienung der 2,3 Tonnen schweren Edelkarosse.

    Die Kraft der Motoren wurde bei Rolls-Royce stets nobel mit „die Leistung ist ausreichend“ umschrieben. „Tatsächlich verfügt der Silver Shadow über etwa 210 PS und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit vom 200 km/h“, sagt Hanenkamp. Ist der noble Brite in diesem Tempo unterwegs, werden schon mal 25 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer verbrannt. Grund genug, es etwas geruhsamer angehen zu lassen. Doch auch dann liegt der Verbrauch noch bei 15 bis 20 Litern.

    Den aktuellen Marktwert des Prachtstücks beziffert Torsten Hanenkamp auf rund 15.000 Euro. Vergleichsweise wenig Kapital für einen solchen Klassiker. Der Neupreis lag im Jahr 1977 bei umgerechnet 27.000 Euro. Damals war es eine erhebliche Stange Geld, ob sie nun in Pfund oder D-Mark zu entrichten war. Doch der Experte weiß, dass der Unterhalt und die hohen Ersatzteilpreise beim Rolls die wahren Kostenfaktoren sind.

    Als der Rellinger Motorspezialist den ehrwürdigen Briten vor drei Jahren bekam, hatte der bereits ein steuersenkendes H-Kennzeichen. Geld hat Hanenkamp für den Silver Shadow damals übrigens nicht bezahlt. Der Vorbesitzer wollte den Rolls-Royce wegen eines Elektrikschadens loswerden.

    Als Gegenleistung für seinen großen Briten erhielt der begeisterte Autosammler einen kleinen Italiener, nämlich einen von Torsten Hanenkamp restaurierten Fiat 500. Beide Autofans waren zufrieden mit dem Tausch.