Nach Hipsterbart und Funktionskleidung kommt nun das Kopftuch in Mode. Das lässt sich auch politisch sehen

    Trendsetter können warten. Irgendwann ist die Zeit reif für sie. Darauf spekulierte womöglich auch ein früherer Kollege, der schon seit Jahren im karierten Hemd und mit Trekkingschuhen vorm PC sitzt. Regungslos, meinen böse Zungen. Dabei ist er vermutlich nur hoch konzentriert. Oder gedanklich auf Wanderschaft. Inzwischen ist Outdoor der letzte Schrei auf den Großstadt-Boulevards. Ob nun alles funktioniert mit Funktionskleidung, sei mal dahingestellt. Aber wann ist etwas überhaupt Mode?

    Tattoos seien schon wieder out, konstatierte das Allensbach-Institut im Jahr 2006. Von wegen! Gesundheitsbedenkliche Tintenklecksereien, die unter die Haut gehen, sind aktuell in Model-Kreisen mega-angesagt. Bei den European Championships legten zahlreiche Leichtathleten bemalte Oberflächen über ihren Muskeln frei. Diskuswerfer Robert Harting erinnerte mit Hipsterbart an Räuber Hotzenplotz. Halbe Sachen macht dagegen der italienische Hochspringer Gianmarco Tamberi, der bei seinem Auftritt im Berliner Olympiastadion nur rechts im Gesicht rasiert war. Das wäre auch der italienischen Regierung zu wünschen.

    Politisch wird es nun selbst bei Fashionistas: Sie diskutieren eifrig den neuen Trend zum Kopftuch. Für die einen ist die Bedeckung nur „Style-Religion“, andere sehen die „patriarchale Bedeutung“. Oder wird es nun ein „modisches Accessoire mit komplizierter Geschichte“? Von der Nitribitt zum Nikab – das ist doch mehr als nur Geschmackssache. Beim „Mädchen Rosemarie“, in den 50er-Jahren mit Kopftuch im Cabrio berühmt geworden, wurde der Schleier der wahren Geschichte nie wirklich gelüftet.