Wenn Julius Thole (21) und Clemens Wickler (23) vor ihrem Auftritt beim Major-Finale in Hamburg ein erstes Saisonfazit ziehen, teilen sie das Jahr in zwei Abschnitte ein. Bis Anfang Juni lief alles fast wie erwartet, sagen sie. In drei Turnieren setzten sie sich in einer Vorqualifikation gegen nationale Konkurrenten durch, bei zehn mussten sie in die nachgeschaltete Qualifikation, siebenmal schafften sie es dabei ins Hauptfeld. Eine ordentliche Bilanz für die beiden Talente des Eimsbütteler TV, die erst vergangenen Herbst gemeinsam in den Sand gingen.

    Bei Sportlerkarrieren gibt es aber oft diesen einen Tag, der alles verändert. Für Thole/Wickler sollte es der 20. Juni werden. In der Qualifikation für das Weltserienturnier im tschechischen Ostrava liegen sie gegen die Belgier Dries Koe­kelko- ren/Tom van Walle aussichtslos zurück, verlieren den ersten Satz und auch der zweite scheint nicht mehr zu retten. Doch sie schaffen die Wende, siegen noch 19:21, 21:19, 21:19, bezwingen anschließend in den Gruppenspielen die ehemaligen Weltmeister und Olympiadritten Alexander Brouwer/Robert Meeuwsen aus den Niederlanden und werden am Ende Fünfte – ihr bis dahin größter Erfolg.

    Erstmals engagieren sie für dieses Turnier auf eigene Kosten die Hamburger Sportpsychologin Anett Szigeti, die in den vergangenen Jahren auch mit den Olympiasiegerinnen Ludwig/Walkenhorst intensiv arbeitete. „Es waren viele Kleinigkeiten, die wir besprochen haben, die aber große Wirkung hatten“, sagt Thole. Es ging um Kommunikation, Konzentration, konstruktiven Umgang miteinander, besonders in Stresssituationen, bei der Aufarbeitung von Fehlern. Versucht zwischen den Ballwechseln herunterzufahren, macht vor euren Aufschlägen kleine Pausen, waren zwei weitere Tipps, die beiden halfen, sich fortan stärker auf ihre Stärken zu besinnen. Zwei Wochen später werden sie in Espinho (Portugal) sogar Dritte, schlagen im Viertelfinale die Branchenführer Anders Mol/Christian Sörum in drei Sätzen, bis heute die letzte Niederlage der Norweger. Thole/Wickler sind in der Weltklasse angekommen.

    Bis auf Rang 25 der Welt (aktuell: 26) haben sie sich vorgeschlagen, haben für den Rothenbaum als bestes deutsches Team die Wildcard erhalten – und müssen ihre Ziele korrigieren. Nicht nur für 2024 in Paris sind Thole/Wickler Olympiakandidaten, sie können es 2020 nach Tokio schaffen. Ob sie bereits in diesem Herbst in die Qualifikation einsteigen, wollen sie nach den deutschen Meisterschaften Anfang September entscheiden. „Die Saison, das viele Reisen haben sehr viel Kraft gekostet“, sagt Thole. „Eine Pause täte uns ganz gut, um neue Kräfte zu sammeln.“