Der US-Amerikaner Steve Serio spricht über seine Zeit in Deutschland und die Voraussetzungen für Weltklassesport

    Steve Serio ist einer der Stars im Team der USA, die als Favoriten in das WM-Turnier gehen. Der 30-Jährige war bis 2016 fünf Jahre in der Bundesliga für den RSV Lahn-Dill aktiv und gewann mit den Hessen vier Meisterschaften und zweimal die Champions League. 2016 führte er das Team der USA zur Goldmedaille bei den Paralympics in Rio de Janeiro. Matthias Otto traf ihn in New York zum Gespräch über das Leben eines Profispielers.

    Herr Serio, was hat Sie 2011 nach Deutschland, nach Wetzlar, gebracht?

    Steve Serio: Ich war 23 Jahre alt, hatte mein College beendet, und dies war die Chance, eine neue Sprache und Kultur kennenzulernen. Vorher war ich nur als Tourist in Europa, da hat man keine Chance, das wahre Leben zu erleben. Ich sollte eigentlich nur ein Jahr beim RSV Lahn-Dill bleiben, am Ende wurden es fünf. Es war eine wunderbare Zeit, eine tolle Erfahrung. Lahn-Dill ist ein großartiger und sehr professioneller Club, der seine Athleten wirklich gut behandelt.

    Warum sind Sie dann nach fünf Jahren in die USA zurückgegangen?

    Ich hatte alles erreicht, was ich persönlich in Deutschland erreichen wollte. Ich habe in dieser Zeit Basketball an die erste, zweite und dritte Stelle in meinem Leben gesetzt. Jetzt bin ich kürzlich 30 geworden, es war für mich Zeit, andere Dinge im Leben zu tun. Ich spiele zwar noch Basketball, aber es ist nicht mehr meine erste Priorität. Ich arbeite jetzt für einige lokale Non-Profit-Organisationen und für das amerikanische Olympische Komitee. So kann ich dem Sport, der mir so viel gegeben hat, etwas zurückgeben.

    Sie haben Sportmotorik studiert ...

    Ja, es ist schon lustig, dass ein Collegeabschluss nicht unbedingt mit dem zu tun hat, was man schließlich machen möchte. Natürlich hilft mir das bei meinem Training, aber jetzt weiß ich, wie viel Arbeit nötig ist, ein Turnier zu organisieren oder was es braucht, ein Team zu führen. Darauf möchte ich mich konzentrieren.

    Wenn Sie Ihren Sport-Rollstuhl verändern könnten, was würden Sie tun?

    Mein Spiel basiert auf Tempo, Finesse und Können. Wenn wir die Stühle also noch leichter machen könnten als derzeit möglich, wäre das gut für mich. Die besten Rollstühle kosten rund 5000 Dollar, das ist nicht gerade wenig. Glücklicherweise hat sich mein Sponsor sehr um mich gekümmert, das ist einer der Gründe für meinen Erfolg.

    Viele Topathleten im Basketball – auch bei den Fußgängern - haben die 30 schon überschritten und bringen trotzdem Weltklasseleistungen. Woran liegt das?

    Das Gute an unserem Sport ist, dass es ein „Skill Game“ ist. Es kommt sehr viel aufs Können an. Spieler sind normalerweise mit Ende 20, Anfang 30 am besten, wenn sich Erfahrung und körperliche Leistungsfähigkeit mischen. Im Basketball ist das Mentale sehr wichtig, nicht nur die physischen Fähigkeiten. Ich habe meinen Zenit also noch nicht erreicht.

    Was war das Mutigste, das Sie jemals getan haben?

    Nach Deutschland zu gehen und Profi zu werden. Meine Familie versteht es bis heute nicht ganz. Ich hatte keine Idee, was ich aus meinem Leben machen möchte. Ich sprach kein Wort Deutsch und wusste nichts von dem Land, wenn ich ehrlich bin. Aber ich wusste auch, dass meine Familie immer hinter mir stehen würde, das hat mir die Entscheidung sehr erleichtert. Man hat nicht immer alle Antworten im Leben, manchmal muss man Dinge erst machen, um Antworten zu erhalten. Trotzdem war es ein beängstigender Moment. Ich weiß noch, dass ich sehr niedergeschlagen war, als ich das erste Mal in Frankfurt gelandet war. Aber ich habe mir gesagt, ich ziehe es durch, egal was. Und bin heute sehr dankbar dafür.