Rollstuhlbasketball ist natürlich ein Teamsport, aber wie in jedem Spiel gibt es Akteure, die den Unterschied machen. Wir stellen die besten und bekanntestenWM-Teilnehmer vor

    Abdi Jama: Der 35-Jährige ist der Topstar in Großbritannien. Für viele Experten ist der in Somalia geborene und mit sechs Jahren nach England geflüchtete Brite der beste Lowpointer (niedrige Punktzahl aufgrund schwerer Behinderung) der Welt. Mit 14 Jahren zog sich Jama bei einem Sturz aus dem Fenster eine Querschnittslähmung zu. Zum Rollstuhlbasketball kam er nach einem Schnuppertraining in seiner Liverpooler Schule. Kurz darauf trat er den Liverpool Vikings bei. Der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere, die ihn bis zu den Paralympischen Spielen in Peking 2008 brachte, wo er mit den Briten Bronze gewinnen konnte. Auch bei den Spielen in London 2012 stand der Basketballer im Aufgebot.


    Patrick Anderson: Legende, Aushängeschild, Superstar. Der Kanadier ist der Mann der Superlative. Mit 38 Jahren gehört er noch immer zu den besten Spielern der Welt. Die Liste seiner Erfolge ist lang: Allstar bei der WM 2006, dreimal Gold bei Paralympischen Spielen (2000, 2004, 2012), einmal Silber (2008) mit Team Kanada und Kanadas Rollstuhlbasketballer des Jahres 2018. Als Kind träumte er, wie viele kanadische Kinder, von einer Eishockeykarriere, doch ein schwerer Unfall veränderte sein Leben. Ein angetrunkener Autofahrer erwischte ihn 1989 derart schlimm, dass Anderson beide Beine verlor. Ein Jahr später entdeckte der Kanadier den Rollstuhlbasketball für sich. Der Sport wurde seine Leidenschaft. Die Mischung aus Größe und Geschwindigkeit macht ihn so gefährlich. Doch nicht nur auf dem Court macht Anderson eine gute Figur. Abseits der Halle brilliert der ehemalige Musikstudent an der Jazzgitarre in der Band von Ehefrau Anna.


    Özgür Gürbulak: Der 37-Jährige ist das Gehirn und der Strippenzieher der türkischen Nationalmannschaft. Der Vier-Punkt-Spieler von Besiktas Istanbul weiß, wie man auf großer Bühne Leistung bringt. Bei der Europameisterschaft 2009 war Gürbulak Topscorer des Turniers. Auch ein Jahr später bei der WM bewies er Scoring-Touch. Mit 23,13 Punkten im Schnitt wurde er zweitbester Werfer hinter dem Japaner Reo Fujimoto. Vorsicht ist für die Verteidigung also geboten. 2013 holte er mit der Türkei Silber in Frankfurt.
    Thomas Böhme:
    Für seinen Club RSV Lahn-Dill ist der 27-Jährige die Schlüsselfigur. Seine Vertragsverlängerung bis 2020 wurde als Meilenstein gefeiert. Der Drei-Punkt-Spieler ist auf und neben dem Platz eine Führungsfigur. Das gilt auch für die Nationalmannschaft. Der Flügel- und Aufbauspieler war schon immer fasziniert vom Rollstuhlbasketball. Erst als Fan in seiner Heimatstadt Bayreuth, dann als Aktiver. Der Trainer der Erstligamannschaft fragte Böhme, ob er nicht Lust habe, diesen Sport einmal auszuprobieren. Der Student, der mit zehn Jahren mit Basketball anfing und Kobe Bryant und Dirk Nowitzki als Vorbilder bezeichnet, zögerte keine Sekunde. Zweimal nahm Böhme an den Paralympischen Spielen teil (2012 und 2016).


    Matt Scott (USA): In seiner Heimat wurde dem Basketballer eine besondere Ehre zuteil. Als erster Behindertensportler war der 33-Jährige 2007 in den USA in einem Werbespot des Sportartikelherstellers Nike zu sehen. Das Motto: No excuses – keine Ausreden. Die sucht der Topathlet auch auf dem Court nicht. In den USA wird er gerne als Stephen Curry des Rollstuhlbasketballs betitelt. Eine Wirbelsäulen-Anomalie fesselt ihn seit seiner Geburt an den Rollstuhl. Auf und neben dem Platz ist Scott, der mit 14 Jahren anfing, Rollstuhlbasketball zu spielen, ein Kämpfer. Seine Spezialität: Drei-Punkte-Würfe. Die sorgen dafür, dass er nicht nur in den USA, sondern auch bei den RSB Thuringia Bulls Elxleben, wo er aktuell unter Vertrag steht, ein Superstar ist.


    Jitske Visser: Der Stern der 24-Jährigen ging bei den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 auf. Die Lowpointerin der niederländischen Nationalmannschaft ist einer der Shootingstars im Rollstuhlbasketball. Mit den Thuringia Bulls gewann die Niederländerin, die in ihrer Freizeit gerne Städtereisen macht, in diesem Jahr die Champions League. Bereits 2008, 2012 und 2016 konnte die Biologie-Studentin an Paralympischen Spielen teilnehmen.


    Helen Freeman: Schon fünf Bronzemedaillen konnte die in Watford geborene Vier-Punkt-Spielerin mit dem Team Großbritannien bei Europameisterschaften gewinnen. Nun will sie bei einer Weltmeisterschaft angreifen. In Deutschland kennt sich Freeman aus. Vorletzte Saison spielte die Absolventin der Universität von Illinois in Köln. Auch aufgrund ihrer Auslandserfahrung ist sie eine der Hoffnungsträgerinnen bei den Briten.


    Cindy Ouellet: Ihr Spitzname lässt Böses erahnen: „The Hornet“, die Hornisse, wird sie in ihrer Heimat genannt. Gefährlich will die Frankokanadierin auch für ihre Gegenspielerinnen werden. Mit zwölf Jahren erkrankte die heute 29-Jährige an Knochenkrebs, was ihre Pläne, eine Profifußballerin oder Skifahrerin zu werden, durchkreuzte. Eine tolle Karriere startete sie im Rollstuhlbasketball. Der Karrierehöhepunkt: Weltmeisterin bei der Heim-WM in Toronto 2014. Doch satt ist die 1,57 Meter große Sportlerin noch lange nicht. An zwei Paralympischen Spielen will Ouellet noch teilnehmen. Um körperlich fit zu bleiben, versucht die 3,5-Punkte-Spielerin auch andere Sportarten auszuprobieren. 2016 nahm sie an einem Gewichtheben-Wettbewerb teil.