Washington.

Kindesentführung und Verwahrlosung? Exorzismus mit Todesfolge? Gar Terrorausbildung für künftige Schulmassaker? Hinter den bisher bekannten Versatzstücken der bizarren Geschichte, die sich in einem abgelegenen Wüstengebiet des US-Bundesstaates New Mexiko abgespielt hat, stehen noch große Fragezeichen. Aber mit jedem Tag, den die Sicherheitsorgane in Amalia tiefer in die Gedankenwelt des Hauptverdächtigen Siraj Ibn Wahhaj und seiner Großfamilie eintauchen, desto schwerer wiegt der Verdacht, dass hier rechtzeitig eine Tragödie verhindert wurde.

Bei einer Razzia wurden fünf Erwachsene, darunter drei Frauen, festgenommen und elf teilweise schwer vernachlässigte und unterernährte Kinder in Sicherheit gebracht. Sie sollen alle miteinander verwandt sein.

Laut Behörden hatte der Anführer der Gruppe seinen damals dreijährigen Sohn Abdul-Ghani entführt. Siraj Ibn Wahhaj soll geplant haben, Exorzismus an seinem Kind auszuüben, weil er den behinderten Jungen als vom Teufel besessen wähnte, sagte die Mutter Hakima Ramzi.

Wie die Lokalzeitung „Taos News“ berichtet, haben andere Kinder in ersten Vernehmungen ausgesagt, dass Abdul-Ghani tot sei. Gerichtsmediziner untersuchen die Überreste einer Kinderleiche, die auf dem Grundstück gefunden wurde.

Siraj Ibn Wahhaj war bei der Festnahme bis an die Zähne bewaffnet, sagte die Polizei. Sie geht bei dem Sohn eines New Yorker Imams vorläufig von einem muslimischen Extremisten aus, der möglicherweise Terroranschläge vorbereitete.

Auf dem angemieteten Grundstück gab es Stolperfallen, einen 30 Meter langen Tunnel und andere Anzeichen – Glassplitter, Nägel, Barrikaden aus Autoreifen, Überwachungskameras, Waffen und jede Menge Munition – dafür, dass die Erwachsenen mit einer gewaltsamen Stürmung rechneten.

Für Aufsehen sorgte bei der Anklageverlesung Staatsanwalt Tim Hasson. Unter Berufung auf die Pflegemutter eines der Kinder sagte der Ankläger, dass Siraj Ibn Wahhaj mindestens einen Jungen „im Gebrauch eines Sturmgewehrs“ unterwiesen habe – „zur Vorbereitung von zukünftigen Schulschießereien“. Wie belastbar diese Information ist, blieb offen.

Die Beschuldigten bleiben in Untersuchungshaft. Die betroffenen Kinder werden vom örtlichen Jugendamt betreut. „Sie werden Wochen benötigen, um wieder zu Kräften zu kommen“, sagte ein Arzt.