Doku „Itzhak Perlman – Ein Leben für die Musik“ zeigt unbekannte Seiten des Geigers

    Immer, wenn er am Flughafen durch die Sicherheitsschleuse muss, gibt es dasselbe Problem. Seinen Rollstuhl kann er auf Krücken verlassen, aber seine Schuhe, die kann er nicht ausziehen. Weil die eisernen Stützen direkt mit seinen Beinen verbunden sind. Als er vier Jahre alt war, erkrankte Itzhak Perlman an Polio. Da wollte er bereits Musiker werden. Auch wenn es enorm schwierig war, gegen Vorurteile wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung anzugehen und aufs Konservatorium zu gelangen. Er kann halt nur im Sitzen spielen. Aber wenn er spielt, dann vergisst man alles. „Was er macht, ist nicht Musik“, schwärmt ein Kollege in diesem Film, „er predigt mit der Violine.“

    In ihrer Dokumentation „Itzhak Perlman – Ein Leben für die Musik “ zeigt die New Yorker Schriftstellerin und Filmemacherin Alison Chernick Itzhak Perlman, wie ihn die Welt kaum kennt. Nämlich wenn er mal nicht mit der Violine auf der Bühne sitzt. Sie kommt ihm ganz nah, der Originaltitel „Itzhak“, der nur den Vornamen nennt, deutet das schon an. Wie beiläufig begleitet ihn die Filme­macherin in seinem Alltag.

    Etwa wenn er mit seiner Frau Toby Perlman Gemüse schnippelt. Wenn er Geigenbauer in Tel Aviv besucht. Oder an der berühmten Juilliard School doziert, wo er selbst einst gelernt hat. Wenn Barack Obama ihn auszeichnet. Oder wenn er backstage mit anderen Virtuosen, dem Cellisten Mischa Maisky und dem Pianisten Jewgeni Kissin, eine Triosonate probt.

    Seine Krankheit und Behinderung werden nicht ausgeschlachtet, aber sie sind präsent. Der Film zeigt, wie rasant der Stargeiger sich auf seinem mobilen Rollstuhl bewegt. Und wie schon Schnee auf der Straße ihn hindern kann, ins Taxi zu steigen. Das wird eher nebenbei gezeigt, gemäß seines eigenen Ausspruchs: „Beurteilt mich nach dem, was ich kann, nicht nach dem, was ich nicht kann.“

    Was er kann, ist einzigartig. Berühmte Geiger wie Yehudi Menuhin und Jascha Heifetz haben den jungen Israeli früh unterstützt. Heute gilt er längst selbst als lebende Legende und einer der besten Violinisten der Welt. Der nicht nur mit allen wichtigen Orchestern spielt, sondern auch mal bei einem Konzert von Billy Joel auftritt. Und mit dem Soundtrack von „Schindlers Liste“ einem auch klassikunkundigen Publikum bekannt wurde.

    Ein Mann, der lernte, mit seiner Behinderung zu leben und sie zu überwinden. Und so zum Vorbild für viele Leidensgenossen wurde. Der Film, der auf dem Jüdischen Filmfestival Premiere hatte, zollt dieser Lebensleistung und diesem Lebensmut Respekt, ohne dabei bewundernd auf ein lebendes Denkmal aufzuschauen. Alison Chernick zeigt vielmehr einen lebenslustigen Menschen, der die Gabe hat, die Welt zu faszinieren.Auch wenn er nicht mit der Violine predigt.

    „Itzhak Perlman – Ein Leben für die Musik“ Israel/USA 2017, 80 Min., o. A., R: Alison Chernick, tägl. im Abaton (OmU), Zeise (OmU);
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