Das Action-Kino treibt sich regelmäßig selbst an seine Grenzen. Immer wieder muss die Action noch überwältigender, noch spektakulärer sein. Immer wieder denkt man, mehr geht nun wirklich nicht. Und dann wird doch wieder eins draufgesetzt. So auch bei den „Mission: Impossible“-Filmen. Szenen, die kein Normalsterblicher überleben würde, deren Stunts der Topstar aber gern höchstselbst absolviert, wenn auch mit Absicherungen, die im Nachhinein aus dem Bild retuschiert werden. In der jüngsten, nunmehr sechsten unmöglichen Mission „Fallout“ improvisiert er die Steuerung eines Helikopters, crasht in einen zweiten und hängt dann über einem Hochplateau, während der Heli auf ihn zurast. Und auch einen sogenannten Halo-Sprung aus acht Kilometern Höhe, bei dem sich der Fallschirm erst 600 Meter über der Erde öffnet, hat sich Cruise nicht nehmen lassen. Mehr als 100-mal soll Cruise gesprungen sein, bis die Szene optimal im Kasten war.

Nichts hat der Star hier dem Zufall überlassen

„Mission Impossible“ ist quasi Tom Cruises eigene, private Bond-Serie. Erstmals wurde die ehemalige Fernsehserie, die bei uns „Kobra, übernehmen Sie“ hieß, vor 22 Jahren mit ihm auf die große Leinwand gehievt. Doch während die Serie von einer Agenten-Gruppe handelte und deren Teamwork pries, wurden im Kinofilm alle Mitstreiter von Ethan Hunt (Cruise) liquidiert, der plötzlich allein operieren musste. Womit er die Grundidee der Serie verriet, sich den Zorn des Serienstars Peter Graves zuzog und den Eindruck einer reinen Ego-Show erweckte.

Doch Cruise hat sich entwickelt. In den Fortsetzungen hat er allmählich eine Crew aufgebaut, wobei nicht immer alle dabei sind, in der Cruise aber nicht mehr als Einzelgänger agiert, sondern den Teamgeist beschwört, ja diesen manchmal sogar über die Mission stellt. Dabei hat sich die Reihe immer mehr von der Serienvorlage entfernt und mehr an die Bond-Serie angelehnt, auch was gewisse Actionsequenzen oder die Ausrüstung der Agenten angeht.

Während Daniel Craig als Bond aber immer verbissener und ironiefreier agiert und der letzte 007-Film „Spectre“ trotz aller Bond-Ingredienzien nicht recht zündete, beherrscht die jüngste „Mission: Impossible“ genau das Maß zwischen atemberaubender Action und ironischen Gags. Cruise ist der bessere Bond. Und sollte er noch einen Teil drehen, dann hat er auch schon so viele Agenten-Abenteuer auf dem Buckel wie die 007-Rekordhalter Sean Connery und Roger Moore.

Wer „Fallout“ anschaut, sollte allerdings dringend noch mal in den vorherigen Teil „Rogue Nation“ hineinsehen. Denn der schließt unmittelbar daran an. Wieder geht es um eine mächtig verzweigte Schurkenbastion, das sogenannte Syndikat (auch das ein Äquivalent zu Bonds „Spectre“). Und dessen Oberschurke Solomon Lane (Sean Harris), den Cruise/Hunt am Ende des letzten Teils dingfest machen konnte, muss er diesmal wieder befreien. Weil ihm ein Koffer mit Plutonium abhandengekommen ist.

In „Fallout“ legt sich Cruise aber vor allem mit Superman persönlich an. Denn schlimmer als der Erzfeind ist ein Agent der CIA, der ihm und seiner Mission Impossible Force zur Überwachung beigestellt wird, weil ihnen nach dem Plutonium-Flop keiner mehr vertraut. Dieser August Walker – dargestellt von Henry Cavill, der als Superman in den DC-Comicfilmen selbst eine Heldencrew namens Justice League anführt – torpediert Hunt und seine Mitstreiter bei all ihren Operationen. Weil sich – ein Detail, das Donald Trump gefallen könnte – die Geheimdienste gegenseitig nicht trauen und ins Handwerk pfuschen. Wobei – auch das dürfte Trump mögen – auch schon mal Fake News eingesetzt werden.

Der sechste Teil führt Cruise von Berlin nach London und von Paris bis Kaschmir. Die Action ist atemberaubend, Cruise lässt seinen Co-Stars genug Raum, sogar Figuren aus früheren Filmen tauchen wieder auf. Regie führte wie beim fünften Teil wieder der Cruise-Intimus Christopher McQuarrie, der auch bei Cruises zweiter Action-Reihe „Jack Reacher“ Regie führte. Nichts hat der Produzent Cruise hier dem Zufall überlassen, um seinen Star-Nimbus abermals zu verteidigen.

Der Plutoniumkoffer wird Ethan Hunt nämlich in der deutschen Hauptstadt abgejagt. Cruise wollte vor zwölf Jahren den dritten Teil von „Mission: Impossible“ in Berlin im Bundestag drehen, hat hier aber keine Drehgenehmigung erhalten. Einen Actionfilm in der deutschen Hauptstadt zu drehen, das war für Cruise wirklich eine Mission impossible. Offenbar muss er der Stadt immer wieder zeigen, was sie sich damit verbaut hat.

„Mission Impossible – Fallout“ USA 2018, 148 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: Christopher McQuarrie, Darsteller: Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Henry Cavill, täglich im Cinemaxx Dammtor (auch OF)/Harburg/Wandsbek, Savoy (OF), Studio (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen Park/Wandsbek (auch OF)