Paris/Berlin.

Handys in Frankreichs Schulen sind den Abgeordneten ein Dorn im Auge. Weil sie der Meinung sind, dass die Mobiltelefone den Nachwuchs viel zu häufig vom Unterricht ablenken, erließen sie nun ein generelles Handyverbot für alle Schüler unter 15 Jahren.

Das Gesetz ist bindend für staatliche Vor- und Grundschulen sowie für die Sekundarstufe I. Allein, den Gymnasien des Landes bleibt es freigestellt, ein Handyverbot einzuführen. Allerdings erklärte Erziehungsminister Jean-Michel Blanquer, dass er „aus pädagogischen Gründen“ grundsätzlich allen Rektoraten empfehle, sich dem Bann der Mobiltelefone anzuschließen.

Mit dem Verbot wurde ein Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron umgesetzt. Obwohl das Staatsoberhaupt ein eifriger Verfechter neuer Technologien ist und selbst stets zwei Handys in der Tasche hat, stemmt er sich seit Längerem gegen den „Ablenkungsfaktor“ Mobiltelefon an den Schulen. Außerdem will die Regierung durch das Verbot auch gegen das Mobbing auf den Schulhöfen vorgehen. In jüngster Zeit hat eine ganze Reihe von Fällen für Schlagzeilen gesorgt, in denen Kinder von Mitschülern verprügelt und dabei mit Handys gefilmt wurden.

Völlig neu ist das Handyverbot an den Schulen freilich nicht. Es existierte bereits seit 2010, bezog sich aber allein auf die Klassenräume. Ab sofort gilt es jetzt jedoch auch während der Pausen und auf dem Schulhof. Dass diese Strenge den betroffenen Schülern missfällt, liegt auf der Hand. Allerdings waren auch viele Eltern gegen die Maßnahme, weil sie ihre Kinder nun ­während der Schulzeit nicht mehr erreichen können – und die reicht im Frankreich der Ganztagsschulen vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag.

In Deutschland gibt es keine einheitliche rechtliche Regelung zur Handynutzung in der Schule. Weil Schule Ländersache ist, kann jedes Bundesland Handyverbote nach eigenem Ermessen festlegen.

Das einzige Bundesland, das ein Handyverbot im Gesetz aufgenommen hat, ist Bayern. In dem Passus heißt es, dass elektronische Geräte auf dem Schulgelände immer auszuschalten sind, wenn sie nicht zu Unterrichtszwecken genutzt werden.

Auch wenn es nicht als Gesetz verankert ist – in vielen Schulen kommt das Handy dennoch nicht mit in den Unterricht. In einer Umfrage der Technischen Universität München im Jahr 2015 sagten 84 Prozent der Schüler, dass es an ihrer Schule eine Art von Handyverbot im Unterricht gebe. Die Regelung wird in der Hausordnung festgehalten.

So sinnvoll das Handyverbot aus Sicht von Lehrern sein mag, doch ob sie wirklich ganz wegzudenken sind? „Ein generelles gesetzliches Verbot hilft uns nicht weiter“, so der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, mit Blick auf das Handyverbot in Frankreich. Im VBE sind Lehrer und Erzieher aller Schulformen und -arten organisiert.

Anspruchsvoller Unterricht sei ohne Handynutzung kaum möglich, da Schulen selbst kaum über genügend Handys, Smartphones oder Tablets verfügten. Es sei also zwingend nötig, dass die Schüler zum digitalen Lernen ihr eigenes Material mitbrächten. „Deutsche Schulen haben größtenteils noch steinzeitliche Ausstattungen, aber die Generation von heute muss auf die Arbeitswelt von morgen vorbereitet werden“, sagt Beckmann. Es müsse aber klare Regelungen gebe, wann Handys eingesetzt werden dürften.

Deutsche Schulen lassen digitales Angebot vermissen

Aus Sicht des Bundeselternrates haben Handys an Schulen nichts zu suchen. „Es stört den Unterricht, da müssen wir uns nichts vormachen“, sagte der Vorsitzende der Dachorganisation der Landeselternvertretungen, Stephan Wassmuth. Aber auch er erklärt, dass die Schulen technisch noch nicht gut genug ausgerüstet seien, um ganz auf Mobiltelefone zu verzichten.

Das Thema Cybermobbing wird auch in deutschen Schulen als großes Problem gesehen. Laut einer Studie des Medieninstituts JIM gibt jeder Dritte in der Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen an, dass in seinem Bekanntenkreis schon einmal jemand per Handy fertiggemacht wurde. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Mädchen dies mit 37 Prozent schon häufiger mitbekommen haben als Jungen (31 Prozent).