Baan Jong.

Das vorläufige Ende des Höhlen-Dramas kommt schneller als erwartet. Es ist früher Abend in Thailand, als sich die Nachrichten überschlagen. Acht Stunden dauert die Aktion da bereits. Angehörige, Helfer und mehr als 1000 Journalisten aus aller Welt warten angespannt auf Nachrichten aus dem Inneren des stockdunklen Labyrinths im grün bewachsenen Berg „Nang Non“ (auf Deutsch „liegende Dame“). Plötzlich die Erlösung: Taucher bringen zunächst zwei Jungen ans Tageslicht. Wenig später werden weitere Kinder gerettet. Am Abend bestätigt der Gouverneur: Insgesamt vier der eingeschlossenen Jungen sind befreit worden. Zuvor hatte der Katastrophenschutz von sechs gesprochen, diese Zahl bestätigte der Gouverneur später nicht.

Es sind die gesündesten Mitglieder des zwölfköpfigen Jugend-Fußballteams – die übrigen sollen am Montagmorgen aus der Höhle geleitet werden, erklärt das Amt für Katastrophenschutz. Die Erleichterung ist spürbar.

Nach 15 Tagen in Nässe und Dunkelheit sind die 11- bis 16-jährigen Jungen in körperlich schwacher Verfassung. Wie es ihnen genau geht, weiß erst mal niemand – grüne Plastikplanen schirmen den Höhleneingang vor neugierigen Blicken ab. An der Rettung sind 18 Taucher beteiligt, davon 13 aus dem Ausland, die zu den besten der Welt gehören, wie Gouverneur Narongsak Osottanakorn sagt. Eine Mammutoperation, um das Leben der Jugendlichen und ihres Trainers zu retten. Die Spezialisten begleiteten die geretteten Jungen auf ihrem beschwerlichen und mehr als vier Kilometer langen Weg durch die Höhle. Dabei mussten sie sich auf weiten Strecken tauchend fortbewegen, sich durch Engstellen zwängen und gegen die Strömung kämpfen.

Für die Rettungstaucher ist es der Einsatz ihres Lebens. Mehrere Stunden dauert der mühevolle Weg zu den Eingeschlossenen. Dann machen sich Taucher und Jugendliche in mehreren Grüppchen auf den Rückweg. Die Umstände sind denkbar schwierig. Im vorderen Bereich der Höhle steht noch das schlammige Wasser, wie auf Fotos der thailändischen Armee zu sehen ist. Ein Taucher war am Freitag bereits ums Leben gekommen. Dass die Rettung der ersten Jungen so rasch gelang, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die eingesetzten Pumpen die Wasserstände deutlicher gesenkt haben, als Beobachter zunächst gehofft hatten. Hunderte Soldaten und Unterstützer halfen beim Abpumpen und schleppten Ausrüstung hoch zum Höhleneingang.

Den Rettern war wegen drohender weiterer Regenfälle die Zeit davongelaufen. „Wenn die Wassermassen nicht mehr beherrschbar werden und zudem die Gefahr besteht, dass die Jugendlichen bis zu vier Monate eingeschlossen sein werden, muss man handeln“, sagt der Geschäftsführer des Vereins Höhlenrettung Baden-Württemberg, Martin Groß. Zudem wird die Atemluft in der Kammer, in die die Gruppe vor dem Flutwasser geflüchtet war, knapp. Eines der schwierigsten Probleme: Die Jungen waren erst in den vergangenen Tagen mit den Grundregeln des Tauchens vertraut gemacht worden, einige von ihnen können nicht einmal schwimmen.

Am Montaggeht der Einsatz weiter

Da sie in dem schlammigen Wasser praktisch nichts sehen können, wurden Taue befestigt, an denen sie sich voranhangeln sollten – laut einem Taucher gleicht das Wasser einer Kaffeebrühe. Ein anderer am Einsatz beteiligter Taucher, der in Thailand als Tauchlehrer arbeitende Däne Ivan Karadzic, sagte dem Radiosender Denmarks Radio: „Die Jungen wurden medizinisch betäubt.“ Sie seien jedoch nicht vollständig anästhesiert gewesen, sondern nur so weit, dass sie nicht in Panik geraten konnten.

Doch am ersten Tag ist es gut gegangen. „Die Operation heute lief sehr problemlos“, sagt der Gouverneur am Sonntag. Die Rettungsaktion werde in zehn bis 20 Stunden fortgesetzt, hieß es – demnach also frühestens gegen zwei Uhr am Montagmorgen deutscher Zeit. Denn die Taucher müssten die Atemluftvorräte auffrischen, die in der ersten Phase aufgebraucht worden seien. Drei Jungen seien von Hubschraubern in ein Krankenhaus in die 60 Kilometer entfernte Stadt Chiang Rai gebracht worden, einer von einem Rettungswagen, berichtete Provinzgouverneur Narongsak Osottanakorn vor Journalisten.

Eines ist klar: Sobald die ausgehungerten Kinder, die größtenteils zu Minderheitenvölkern in Thailand gehören, wohlbehalten wieder bei ihren Familien sind, werden die Küchen heiß laufen. Denn am Sonnabend hatten die Jungs ihre Eltern in einem Brief schon wissen lassen, auf welche Speisen sie sich besonders freuen. Sehnlich erwartet: gegrilltes Schwein mit jeder Menge Chili.

So weit ist es aber noch nicht. Bis alle Eltern ihre Söhne wieder in die Arme nehmen können, stehen einigen noch bange Stunden bevor: Die Rettung der verbliebenen Kinder und des 25-jährigen Trainers dürfte schwieriger werden – sie sind weniger fit. Zwei Jugendliche und der Betreuer sollen aufgrund der erbärmlichen hygienischen Umstände in der Kammer Anzeichen einer Infektion zeigen. Retter hielten die drei eigentlich für zu schwach, um durch die verwinkelte Höhle zu tauchen. Doch eine andere Möglichkeit gibt es nicht.