„Zentralflughafen THF“ zeigt Flüchtlingsschicksale

    Es gibt Themen, die so brennend aktuell sind, dass sie tatsächlich wehtun. Was für die Abgebrühteren unter uns bedeutet: Sie nerven. In dieser Art von Denken ist Karim Ainouz’ Dokumentarfilm „Zen­tralflughafen THF“ nur ein weiterer zur Flüchtlingskrise unter bereits zu vielen und deshalb lästig. Aber „Zentralflug­hafen THF“ ist ein wenig anders.

    Ibrahim, der Hauptprotagonist von Ainouz, kam im syrischen Aleppo zur Welt, floh mit knapp 20 Jahren kurz vorm Abitur 2015 nach Deutschland. Mit ihm verbringt Ainouz ein Jahr rund um den zum Auffanglager ausgebauten ehemaligen Flughafen im Herzen Berlins.

    Es ist Ibrahims Stimme, die durch den Film führt, seine Erinnerungen und seine Beobachtungen, die den Film strukturieren. Ainouz gibt dem zurückhaltenden jungen Mann auf diese Weise seine Individualität zurück, die dieser in seinem endlos scheinenden Wartezustand und in der Ungewissheit über die Zukunft fast zu verlieren droht. Karim Ainouz war 2013 mit seinem in Brasilien und Berlin spielenden Film „Futuro Beach“ im Wettbewerb der Berlinale vertreten und lebt in Berlin. Seine Ortskenntnis zeigt sich darin, wie er das Gebäude und das Gelände des Flughafens Tempelhof einsetzt, um seinen Film zu strukturieren und manch ironischen Kontrapunkt zu setzen.

    Inwieweit die Hangars des einst größten Gebäudes Europas zur Aufnahme von Menschen geeignet seien, wurde in Berlin gestritten. Ainouz zeigt jene Halle, die einzelne, nach oben offene kleine Wohneinheiten enthält. Es ist eine Notunterkunft, aber keine völlig unmenschliche. Für die Bewohner ist der Mangel an Privatsphäre ein Problem, aber in der Ruhe, ja geradezu Trägheit der alltäglichen Abläufe hier liegt auch etwas Friedliches.

    Von Juni 2016 bis Mai 2017 sind die Aufnahmen des Films datiert. Für alle, die das Flüchtlingsthema im Kino scheuen, sei angemerkt, dass „Zentralflughafen THF“ sich allein schon wegen seiner spektakulären jahreszeitlichen Bilder des Flughafengeländes und der nun zum Park umgewidmeten Start-und-Lande-Bahnen lohnt.

    „Zentralflughafen THF“ D, F u. a. 2018, 101 Min., o. A., R: Karim Aïnouz, im 3001; www.zentralflughafen-thf.de/