Berlin. Der CSU-Politiker will auch sein Amt als Parteichef aufgeben. CDU stellt sich hinter Kanzlerin Angela Merkel

    Im erbitterten Asyl-Streit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bietet Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer an, beide Ämter aufzugeben. Das sagte er am späten Sonntagabend in einer CSU-Vorstandssitzung in München. Seehofer ist erst seit knapp 100 Tagen in der neuen Großen Koalition Innenminister, seit 2008 ist er CSU-Chef. Offenbar versuchten Parteifreunde noch in der Nacht, Seehofer umzustimmen.

    Zuvor hatte der Parteivorstand mehr als sieben Stunden lang über die Konsequenzen der CSU im Asyl-Streit mit der CDU diskutiert. Dabei hatten Seehofer und seine Parteifreunde sich mehrheitlich gegen die Beschlüsse des EU-Gipfels und für einen nationalen Alleingang ausgesprochen. Seehofer lehnt die Vorschläge von Merkel ab, die Migrationskrise zu entschärfen.

    Der CSU-Minister bewertete die Verhandlungsergebnisse der Kanzlerin in Brüssel insgesamt kritisch. Diese seien nicht wirkungsgleich mit Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen, sagte er. Die Vorschläge seien keine Lösung, sondern führten zu „mehr Migration und nicht weniger“. Vor seinen Parteifreunden legte er nach: „Ich fahre extra nach Berlin, und die Kanzlerin bewegt sich null Komma null.“ Das Gespräch mit ihr bewertete er als „sinn- und wirkungslos.“

    Seehofer widersprach damit direkt der Kanzlerin. Merkel hatte zur Frage, ob die Forderungen der CSU erfüllt seien, bei der Aufzeichnung ihres ZDF-Sommerinterviews erklärt: „In der Summe all dessen, was wir insgesamt beschlossen haben, ist das wirkungsgleich. Das ist meine persönliche Auffassung. Die CSU muss das natürlich für sich entscheiden.“ Bei getrennten Sitzungen der Parteiführungsgremien berieten CDU und CSU am Abend über den seit Wochen andauernden Asyl-Streit. Dabei soll sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt für die Zurückweisungen bestimmter Flüchtlinge ausgesprochen haben.

    Das CDU-Präsidium stellte sich hingegen hinter den Kurs von Merkel: Europa habe sich so weit bewegt, dass es nun Aufgabe der Bundesregierung sei, die Beschlüsse umzusetzen. Nach Informationen der dpa sprach Merkel von einer „sehr ernsten“ Situation. Einseitige nationale Maßnahmen würden ihre Verhandlungsposition mit den EU-Partnern schwächen.


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