Berlin. Innenminister will notfalls Flüchtlinge an Grenze zurückweisen lassen. Schäuble kämpft für Position der Kanzlerin

    Der Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) um die Asylpolitik ist dramatisch eskaliert. In einer Sondersitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag sagte Seehofer, sollte es mit Merkel keine Einigung geben, werde er mit einem Ministerentscheid handeln und Flüchtlinge, die in einem EU-Mitgliedsland bereits registriert wurden oder ohne Papiere kommen, an der Grenze zurückweisen lassen.

    Rechtlich betrachtet kann Seehofer kraft seines Amtes die Zurückweisung von Flüchtlingen verfügen. Die Bundespolizei müsste dann entsprechend handeln. Für Merkel und ihre Große Koalition würde dies aber faktisch das Ende der Regierung bedeuten. Die Kanzlerin könnte, wenn sie den Alleingang verhindern wollte, Seehofer nur das Vertrauen entziehen.

    Merkel bat in einer Sondersitzung der CDU-Abgeordneten eindringlich um Unterstützung für ihren Kompromissvorschlag. Danach sollen einerseits Personen, deren Asylanträge in Deutschland abgelehnt wurden, bei einem erneuten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden. Zudem will die Kanzlerin mit den „am stärksten vom Migrationsdruck betroffenen Ländern“ Vereinbarungen treffen, um dort registrierte Flüchtlinge zurückweisen zu können. Einen deutschen
    Alleingang dürfe es aber nicht geben. Befürchtet wird, dass dann Länder wie Italien oder Griechenland Flüchtlinge nicht mehr registrieren und eine chaotische Lage wie 2015 entstehen könnte.

    Nach der CDU-Sitzung hieß es, es habe für Merkels Position viel Zustimmung gegeben. Die Kanzlerin selbst rechnet nicht mit einem Bruch der Bundesregierung. Die Ministerpräsidentenkonferenz habe sie bestärkt, schneller und konzentrierter bei den anstehenden Projekten zu arbeiten, „und ich gehe davon aus, dass wir das auch gemeinsam tun, auch die Bundesregierung“.

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