Wollen wir wirklich von einem Kölner Eber wissen, wie die deutsche Mannschaft am Sonntag spielt?

    Wie dreht sich eigentlich ein Krake im Grabe um? Ach, Paul, du Vater aller Orakel, du unschlagbarer Wahrsager, du Über-Oktopus – was haben sie nur aus deinem Erbe gemacht?

    Manche Oma, deren Hansi in der Lage ist, die richtigen Jod-S-11-Körnchen aus einem von zwei Schälchen herauszupicken, fühlt sich nun berufen, ihren Liebling als trefflichen Vorhersager von WM-Spielen zu vermitteln. Vom Axolotl bis zur Kuh, vom Elefanten bis zum Minihasen – es ist tierisch was los im Land.

    Es wird wieder getippt und orakelt, was der Futtertrog so hergibt. Sagt irgendwo ein Tiger A, kontert anderswo eine Möwe B. Frisst eine Bulldogge A, kontert eine Wollsau mit Unentschieden. Und irgendeiner wird sicherlich recht behalten. Kamera läuft.

    Ach, Paul, du Ehrenbürger einer spanischen Gemeinde, du achtarmiger Prophet. Du hast 2010 dem Oberhausener Sea Life Center weltweiten Ruhm und Ehre gebracht. Neugierig und lernfähig seist du gewesen, heißt es, und so intelligent wie ein Hund. Alle sieben Spiele mit deutscher Beteiligung hatte er beim Turnier in Südafrika richtig vorhergesagt. Ein Denkmal haben sie ihm in Oberhausen errichtet – ihm, dem berühmtesten Sohn der Stadt.

    Seine Kraken-Nachfolger orakeln nicht mehr. Man muss schon so einfältig wie mancher Mensch sein, um zu glauben, dass eine Idee, die einmal originell war, auf die gleiche Art noch einmal zieht. Ach, Paul, ruhe in Frieden.

    Wir aber müssen nun wochenlang Kater Achilles aus St. Petersburg, Tiger Fedor in Münster, den Kölner Eber Harry oder sogar einen Rasenroboter namens Hopfi ertragen. Und all die anderen. Ob wir wollen oder nicht.