Freiburg.

Die Frau hat ihr eigenes Kind gequält. Hat es missbraucht, verkauft und erniedrigt. Welche Mutter tut ihrem Sohn so etwas an? Alle Kameras sind auf sie gerichtet, als Michaela Berrin T. (48) in Handschellen den Saal betritt. Die Frau ist klein, stämmig und bleich, ihr Haar schütter, sie wirkt ungepflegt. Die Angeklagte blickt zu Boden, geht zu ihrem Platz und kauert während der folgenden Verhandlung die meiste Zeit auf ihrem Stuhl.

Einen ganz anderen Eindruck macht ihr neun Jahre jüngerer Lebensgefährte drei Plätze weiter. Modern gekleidet und selbstbewusst lehnt sich Christian L. zurück und blickt ohne Scheu in die Kameras. Das Paar ist, so sieht es die Staatsanwaltschaft, für einen der brutalsten Fälle von Kindesmissbrauch in der deutschen Prozessgeschichte verantwortlich. Die 100 Seiten umfassende Anklage listet alle Verbrechen auf, die den beiden zur Last gelegt werden. Darin ist von extremen Demütigungen, Drohungen sowie körperlicher Gewalt und Vergewaltigungen die Rede.

Drei Stunden dauert die Verlesung. Das zweijährige Martyrium, das der Junge erleiden musste, ist unfassbar. Die Angeklagten schüchterten ihn demnach mit Schlägen und harschen Worten wie „Halt die Fresse“ ein. Um die perversen Fantasien seiner Peiniger zu befriedigen, zwangen sie ihn, Strumpfmasken, Handschellen und eine Sturmhaube zu tragen. Michaela Berrin T. habe die Täter sogar angefeuert. Einmal brachte sie ihren Sohn dazu, nackt ein Schild mit der Aufschrift „Hallo“ in die Höhe zu halten, um Kunden im Darknet anzusprechen. Auf Filmaufnahmen, so liest es die Staatsanwältin vor, ist zu sehen, wie das sich sträubende Kind festgehalten wird, wie es geschlagen, unterworfen und dazu gezwungen wird, die Vorstellungen der Mutter und der Männer zu erfüllen. Der Schüler erleidet dabei offensichtlich große körperliche Schmerzen, sein Ekel löst einen Brechreiz aus, er gerät in Panik. Doch niemand hat Erbarmen.

Michaela Berrin T. und Christian L. würdigen sich im Gerichtssaal keines Blickes. Es geht in diesem Prozess auch darum, die Motivation der Mutter zu ergründen. Sie beantragt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört zu werden. Ihr einschlägig vorbestrafter Partner aber redet. Er lernte Michaela Berrin T. und ihren Sohn Ende 2014 oder Anfang 2015 bei der Tafel in Staufen bei Freiburg kennen. Beide waren arbeitslos. Am Anfang sei die Mutter nicht begeistert gewesen vom Missbrauch, sagt der 39-Jährige. „Aber dann hatte sie Angst, dass ich sie verlasse.“ Laut Anklage machte er die Akzeptanz seiner pädophilen Neigung zur Bedingung für eine Beziehung. Die Vorwürfe räumt er ein. Er sei es gewesen, der die Mutter unter Druck gesetzt habe: „Ich war die treibende Kraft.“

Der Junge lebt mittlerweilein einer Pflegefamilie

Der Mann, der sich in einschlägigen Internetforen „geiler Daddy“ nannte, spricht auch von seiner Vergangenheit. Mit leiernder Stimme berichtet er über seine angeblich desolate Kindheit, wechselnde Beziehungen zu Frauen und erste Kontakte mit der pädokriminellen Szene. Er selbst sei bei einer Vergewaltigung gezeugt und als Kind auch missbraucht worden, behauptet er.

Dem Kind wird eine Aussage wohl erspart bleiben. Seit der Festnahme seiner Erziehungsberechtigten im September 2017 lebt er in einer Pflegefamilie. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagt die Anwältin Katja Ravat, die ihn als Nebenkläger vertritt. Er sei aufgeweckt, über den Missbrauch spreche er nie. „Wobei man allerdings derzeit schlecht absehen kann, wie sich sein psychisches Wohlbefinden und seine Stabilität noch entwickeln wird“, sagt Ravat. Die 42-Jährige kennt Christian L.: Sie war schon Nebenklägerin, als er in einem früheren Missbrauchsprozess zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Nach seiner Entlassung traf er dann Michaela Berrin T.