Chicago.

Ein Gentest kann vielen Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium eine Chemotherapie ersparen. Eine große internationale Studie zeigt, dass Frauen mit hormonempfindlichem Brustkrebs, deren Lymphknoten nicht befallen sind, von einer zusätzlichen Chemotherapie nicht grundsätzlich profitieren. Diese Patientinnen lassen sich mit dem Gentest identifizieren. Die Studie wurde im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. In Deutschland könnte eine Chemotherapie damit verschiedenen Schätzungen zufolge pro Jahr rund 10.000, möglicherweise sogar bis zu 20.000 Frauen erspart bleiben.

In Deutschland wird jedes Jahr bei etwa 70.000 Frauen Brustkrebs festgestellt. Etwa die Hälfte der Diagnosen betrifft Patientinnen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs im Frühstadium, deren Lymphknoten noch nicht befallen sind und deren Tumor keine Rezeptoren für den Wachstumsfaktor HER2 enthält. Nach dem Entfernen des Karzinoms bekommen sie gewöhnlich eine Hormontherapie und oft zusätzlich eine Chemotherapie verordnet.

Bislang in Deutschland kaum eingesetzt wird der in den USA entwickelte Gentest Oncotype DX. Er berechnet das Rückfallrisiko auf einer Skala von 0 bis 100. Anhand dieses Wertes können Ärzte entscheiden, ob eine Chemotherapie sinnvoll ist. Bei einem Index unter 10 galt die Behandlung ohnehin bereits als überflüssig, bei einem Wert über 25 dagegen als ratsam. Doch die meisten Frauen haben einen Wert im Zwischenbereich, für den es bisher keine hochwertigen Erkenntnisse gab.

Die Forscher untersuchten rund 10.000 Frauen zwischen 18 und 75 Jahren mit hormonempfindlichem Brustkrebs im Frühstadium. Bei etwa 6700 (69 Prozent) Teilnehmerinnen war anhand des Gentest-Resultats zwischen 11 und 25 unklar, ob sie von einer zusätzlichen Chemotherapie profitieren würden oder nicht. Sie erhielten per Losverfahren entweder nur eine Hormontherapie oder aber zusätzlich noch die Chemotherapie. Alle Frauen wurden neun Jahre lang beobachtet. Die Resultate: Mit Chemotherapie blieben 84,3 Prozent der Teilnehmerinnen krankheitsfrei, ohne die Zusatzbehandlung 83,3 Prozent. Die Überlebensrate lag in beiden Gruppen bei knapp 94 Prozent. Die Chemotherapie bot also knapp 70 Prozent der Frauen keinen klaren Nutzen. Ihnen könnte man diese Behandlung künftig ersparen, schreibt das Team. Einen leichten Vorteil hatte die Chemotherapie lediglich bei jüngeren Frauen im Alter bis 50 Jahre mit einem Test-Wert von 16 bis 25.

Der Gentest kostet in Deutschland laut Hersteller etwa 3200 Euro. Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten demnach bisher – wenn überhaupt – nur auf Einzelantrag, von privaten Kassen würden die Kosten in der Regel erstattet.