Judith Holofernes blickt in ihren neuen Songs mit Wortwitz auf die Welt

    Wer beim ersten Konzert von Wir sind Helden 2003 im Molotow dabei war, erinnert sich an eine unbändige Energie, eine furiose Direktheit. Judith Holofernes stand da vor ihrer Band im grünen T-Shirt und sang von diesem Leben, das sie zurück wollte. „Guten Tag (Die Reklamation)“ hieß der Song. Zuvor nicht eben hoch angesehen, war da auf einmal eine neue deutsche Pop-Sprache. Mit erfrischender Kritik an Konsumgesellschaft und Musikindustrie.

    Nach zwölf Bandjahren und vier Alben hat Band-Leaderin Holofernes Wir sind Helden vor sechs Jahren erst einmal auf Eis gelegt. Nicht ganz freiwillig. Die erfolgreichen Jahre waren kräftezehrend. Nun ist sie solo unterwegs und genießt die neue, konzentrierte Arbeitsweise.

    Sympathie und Selbstironie bestimmen die Kunst der 42-Jährigen. Auch auf ihrem aktuellen, zweiten Soloalbum, mit dem typischen Holofernes-Namen „Ich bin das Chaos“, das sie am 17. und 18. Juli anlässlich des Schleswig-Holstein Musik Festivals in Flensburg und Lübeck präsentiert. Entwickelt hat sie es gemeinsam mit dem färöischen Songwriter Teitur Lassen. Holofernes’ Ehemann und Helden-Bandkollege Pola Roy hat produziert.

    Ihr Wortwitz und ihre Sprachkunst fangen die aktuelle Stimmungslage ein. Die Welt bewege sich auf den Abgrund zu, meint Holofernes. Und trotzdem habe es keinen Sinn, in Angststarre zu verfallen. Mit beschwingter Musik setzt sie einen klaren Kontrapunkt zum Ernst des Inhalts. Mal kokettiert sie mit ihrer eigenen Unsortiertheit, die sie schon in ihrer Kreuzberger Kindheit Dinge wie den eigenen Schulranzen verlegen ließ. Mal spürt man ihren Spaß beim groovigen Witz von „Analogpunk“. Überwiegend findet die Songschreiberin Holofernes zu einer neuen Tiefe, etwa in dem lebensphilosophischen „Der letzte Optimist“. In dem Song singt sie über jemanden, der immer an das Gute glaubt und sich am Ende doch in aussichtsloser Lage findet.

    Noch schärfer legt sie mit „Der Krieg ist vorbei“ nach. „Vor jedem Mauseloch sitzt ein fetter Kater/In jedem Haus hier wird ein toter Mann Vater/Ein Einkaufszentrum in jedem Krater“, heißt es da.

    Es sind schon immer weniger die Gitarren gewesen als die fein gedrechselten Sätze, mit denen Judith Holofernes ihren Ruf als „Fräuleinwunder“ begründete. Darüber ist sie längst hinaus.

    Judith Holofernes und Band 17.7., 20.00 Flensburg; 18.7., 20.00 Lübeck. Karten zu 35,- unter T. 0431/23 70 70