Othmarschen. Seit 100 Jahren wird kirchliche Arbeit in einer Villa praktiziert. Möglich macht das ein großzügiges Geschenk

    Villen mit großen Parks und langer Tradition gibt es viele in den Elbvororten. Doch der weiße Prachtbau am Agathe-Lasch-Weg hat nicht nur eine faszinierende Geschichte, sondern auch einen bedeutenden „Inhalt“. Seit nunmehr 100 Jahren wird hier erfolgreich Missionsarbeit praktiziert – Zeit für ein Jubiläumsfest und einen Rückblick auf die wechselvolle Zeit vor Ort.

    Ursprünglich hatte das Haus bis auf seinen Standort gar keinen unmittelbaren Bezug zu Hamburg beziehungsweise Altona. Die Spur in die Vergangenheit führt vielmehr nach Nordfriesland.

    Großzügiger Bankier war von Missionsarbeit beeindruckt

    Im Jahr 1918 schenkte der Hamburger Bankier und engagierte Christ Richard Henry von Donner (1855 bis 1940) der Evangelisch-Lutherischen Missionsgesellschaft Breklum die mehr als 1000 Quadratmeter große Villa samt Park-Grundstück. In dem 1905 in seinem Auftrag gebauten Gebäude sollten vor allem die Kinder der Missionarinnen und Missionare, die nach Übersee entsandt wurden, ein Zuhause finden. Doch warum ausgerechnet Breklum?

    In dem nordfriesischen Ort hatte der Pastor Christian Jensen 1876 die Gesellschaft zur Ausbildung und Aussendung von Missionaren nach Übersee gegründet. Bereits 1881 reisten die ersten Pastoren nach Indien. Vor Beginn des Ersten Weltkrieges waren dann rund 70 Missionare in Indien, Ost-Afrika und China im Einsatz. Während dieser Zeit blieben ihre Familienangehörigen oft jahrelang in Deutschland zurück.

    Donner, der 1913 von Kaiser Wilhelm II geadelt wurde, war von der Arbeit in Breklum so beeindruckt, dass er der Missionsgesellschaft Haus, Inventar und Grundstück in Form einer Schenkung übergab. Bedingung war und ist die „ausschließliche Nutzung für Missions-, Unterrichts- und Erziehungszwecke“.

    Richard Henry von Donner, der gemeinsam mit seinem Bruder Inhaber des erfolgreichen Bankhauses Conrad Hinrich Donner Bank war, galt als außerordentlich großzügiger Mäzen. Ein weiteres Beispiel: Nachdem er dem Kinderhospital in Altona (heute: Altonaer Kinderkrankenhaus an der Bleickenallee) eine Hypothek im Wert von 350.000 Mark geschenkt hatte, konnte dort ein Säuglingsheim errichtet werden.

    Der Fokus richtete sich erst Anfang der 1970er-Jahre endgültig auf Othmarschen. 1971 wurde aus der Breklumer Mission das Nordelbische Missionszentrum, das die vier damals noch selbstständigen Kirchen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und Eutin zu ihrer gemeinsamen Einrichtung machten. Die Geschäftsstelle wurde nach Hamburg in das Missionskinderheim verlegt. Im Zuge der Gründung der Nordkirche im Jahr 2012 erhielt das Werk dann den Namen „Zen­trum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit“.

    50 Mitarbeiter arbeiten in der Villa am Agathe-Lasch-Weg

    Die Zeiten der klassischen Missionsarbeit sind lange vorbei, doch auch heute noch entsendet das Zen­trum für Mission und Ökumene Menschen – in Partnerkirchen auf der ganzen Welt. Derzeit sind Pastoren und Pädagogen, Ärzte und eine Agraringenieurin unter anderem in Tansania, dem Kongo, Südafrika, China und Papua-Neuguinea tätig. „Wir sprechen heute von ökumenischen Mitarbeitenden, die auch so etwas wie Botschafter und Brückenbauer zwischen den Kirchen sind“, erläutert der Direktor des Zentrums, Dr. Klaus Schäfer.

    In der schmucken Villa arbeiten heute 50 Mitarbeiter. Unter anderem gibt es Referate für entwicklungspolitische Themen und interreligiösen Dialog sowie Arbeitsbereiche wie Migration und Menschenrechte. Auch die Organisation von Freiwilligendiensten Jugendlicher in und aus aller Welt ist im Laufe der Jahrzehnte hinzugekommen. Damit hat das „Außenministerium der Nordkirche“ die Transformation in die Moderne geschafft – und das an einem Ort mit langer Tradition.

    Für Sonnabend, 2. Juni, organisiert das Mitarbeiter-Team anlässlich des runden Geburtstages ein Sommerfest. Los geht es
    im Agathe-Lasch-Weg 16 um 15 Uhr. Bei Kaffee und Kuchen können Interessierte sich auch mit Zeitzeugen und geladenen Gästen austauschen. Von 16 bis 18 Uhr sind historische Führungen durchs Gebäude, Filme und Kinderprogramm geplant. Von 18 Uhr an
    wird bei Musik gegrillt.