Der Welterfolg „Hallo, Dolly“ feiert am 27. Mai plattdeutsche Erstaufführung

    Am Anfang einer erfolgreichen Tätigkeit steht am Theater die Arbeitsteilung, am Ende folgen die Auszeichnungen – wenn etwas Großes gelungen ist. Beispiel „Hello, Dolly“. Seit der Uraufführung 1964 am Broadway zählt es zu den Musical-Welterfolgen. Das Stück von Michael Stewart (Buch) und Jerry Herman (Musik, Gesangstexte) nach Thornton Wilders Vorlage „The Matchmaker“ gewann sieben Tony Awards, der Film von 1969 mit Barbra Streisand und Walter Matthau drei Oscars, darunter für die beste Musik in einem Musical. Und Louis Armstrongs Nummer-eins-Hit des Titelsongs kam 2001 sogar in die Grammy Hall Of Fame.

    Jede Menge Meriten, die die Theatermacher vom Ohnsorg angespornt haben, zum Abschluss dieser Spielzeit „die große Tradition des Musiktheaters“ (Intendant Michael Lang) an der niederdeutschen Bühne zu beleben. Weit vor der plattdeutschen Erstaufführung am 27. Mai hat sich das Dramaturgen- und Übersetzerduo Hartmut Cyriacks/Peter Nissen mit dem populären Stoff befasst. Wie bei ihrer niederdeutschen Version der Travestie-Musicalkomödie „Ein Käfig voller Narren“ arbeiten sie mit Regisseur und Kostümbildner Frank Thannhäuser. Der Musical-Experte hatte op Platt 2015 „Dat Narrenhuus“ zum Erfolg geführt.

    Die Sprachtüftler Cyriacks und Nissen übersetzen aus dem englischen Original

    Mit Imperial-Chef Thannhäuser haben Cyriacks und Nissen nicht nur die Handlung um die lebenslustige Heiratsvermittlerin Dolly, gespielt von Publikumsliebling Sandra Keck, aus dem Großraum New York nach Hamburg verlegt. Ihr kauziger Klient heißt statt Horace Vandergelder nun Roland van der Geldern (Till Huster), kommt aus Soltau und soll mit der Hutmacherin Irene verkuppelt werden. Das feine Lokal, in dem Geldern mehr oder weniger freiwillig auch seine Angestellten und Dolly trifft, nennt sich Hammonia Garten Restaurant.

    Cyriacks und Nissen achten bei ihren Platt-Fassungen auf Verständlichkeit. Dafür suchen sie nach einer bildhaften Sprache. Cyriacks: „Die Zuschauer sollen das Gefühl haben, sie sehen ein original geschriebenes Stück.“ Zu diesem Zweck haben die Sprachtüftler aus Ottensen wie bei ihren Erfolgen „Utmustert“ (nach Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“) oder bei „De lütte Horrorladen“ („Little Shop Of Horrors“) die hochdeutsche Übersetzung ignoriert und sich dem englischen Original gewidmet.

    Dialoge zu übersetzen ist recht leicht. Aber Lieder? „Eine anstrengende Arbeit“, brummt Cyriacks. Ein Song dauere zehnmal länger. „Das Lied hat ein Versmaß, und wo im Englischen eine Hebung und eine Senkung ist, muss das auch bei uns zu hören sein. Man kann auf Platt auch Vokale stärker singen als sprechen, aber Konsonanten müssen erkennbar sein.“

    Und selbst wenn sich Cyriacks und Nissen einen Reim darauf gemacht haben, ist dieser noch mit Stefan Hiller abzustimmen. Der hat als Musikalischer Leiter zu entscheiden, ob Songs wie „It Takes A Woman“ oder „So Long Dearie“ op Platt klingen. Die heißen jetzt „Du bruukst ‘n Froonsminsch“ und „Tschüß ok, Leevste“. Eines der 16 übersetzten Lieder hat Regisseur Thanhäuser ihnen zwar bereits gestrichen, doch Cyriacks und Nissen nehmen es sportlich-gelassen. Sie haben ihren Beitrag geleistet – inklusive Sprach-Coaching. Bei der rekordverdächtigen Zahl von 17 Mitwirkenden bestand auch da Bedarf. Nissen leitet meist den Grundkursus Plattdeutsch, Cyriacks macht das Einzelcoaching. Auch das ist Arbeitsteilung – eine fast immer erfolgreiche.

    „Hallo, Dolly!“ So 27.5., 19.30, bis 8.7., Ohnsorg-Theater (U/S Hbf.), Heidi-Kabel-Platz 1, Karten zu 16,50 bis 32;-: T. 35 08 03 21; www.ohnsorg.de