Die Dokumentation „Sympathisanten“ ist sehr aktuell

    Es war in den 70er-Jahren ein Unwort, Generalverdacht und Totschlagargument: Wer Sympathisant war, der unterstützte den RAF-Terror, auch wenn er nur versuchte, deren Motivation zu verstehen, hochfragwürdige Entscheidungen wie die Isolationshaft kritisierte oder demokratische Grundwerte, die im Kampf gegen den Terror über Bord geworfen wurden, verteidigte. Sympathisanten wurden im Bundestag wie im Fernsehen denunziert.

    Sympathisanten, das waren Schriftsteller wie Heinrich Böll, Theologen wie Heinrich Albertz oder Filmemacher wie Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta. Nun hat, 41 Jahre nach dem Deutschen Herbst, Felix Moeller eine Dokumentation über diese He­xenjagd gemacht. Das Spannungsfeld von Film und Geschichte ist sein großes Thema, Moeller hat schon Dokus über NS-Propagandafilme und die frühe Hilde Knef gedreht. Es ist auch Familiengeschichte, von Trotta ist seine Mutter, Schlöndorff sein Stiefvater. Als Kind hat Moeller die Hatz nicht verstanden, aber hautnah erlebt.

    Nun trifft er Weggefährten der Eltern, die er schon als Kind kannte, einen Sohn Heinrich Bölls und Marius Müller-Westernhagen, der jene Zeit mit kritischen Songs begleitete. Er zeigt auch Archivmaterial von Politikern, die gegen Intellektuelle wettern. Und Ausschnitte aus Filmen seiner Eltern, die die künstlerische Antwort darauf waren. Vor allem aber spricht er mit Mutter und Stiefvater. Zeit- und Familiengeschichte wird zugleich aufgearbeitet. Das macht diese Dokumentation so reizvoll.

    Dass sie nicht bloß Aufarbeitung ist, macht ein Interview deutlich, das Schlöndorff damals im französischen Fernsehen gab. Die BRD sei eine Gesellschaft, die keine Widersprüche in sich ertrage und sich einen äußeren Feind erschaffen müsse: „eine Randfigur, damit man auf die all seine Angst, seinen Hass und seine Unzufriedenheit projizieren kann“. Das klingt in der heutigen Flüchtlingsdebatte beunruhigend aktuell.

    „Sympathisanten – Unser Deutscher Herbst“
    D 2017, 101 Min., o. A., R: Felix Moeller, im Abaton, Studio, Zeise; http://sympathisanten-derfilm.de/