Der düstere Dokumentarfilm „The Cleaners“ zeigt, was passiert, wenn man sich täglich Grausamkeiten ansieht

    Jeden Tag laden Menschen weltweit gigantische Datenmengen ins Internet. Urlaubsbilder oder Musikvideos. Kinderpornografie oder Videos von Enthauptungen. Und es gibt Menschen, die sich das alles anschauen müssen: Menschen, die das Internet sauber halten sollen. Der düstere Dokumentarfilm „The Cleaners“ zeigt den Alltag von fünf Mitgliedern der Internet-Putzkolonne und begibt sich dafür in die philippinische Hauptstadt Manila.

    Jeder der jungen Filipinos muss sich täglich 25.000 Bilder anschauen und entscheiden, sie zu löschen oder im Internet zu lassen. Wer zu oft „falsch“ entscheidet, fliegt raus. Zehntausende dieser „Moderatoren“ arbeiten in Subunternehmen für Firmen wie Facebook, Google und YouTube. Für wenig Lohn kehren sie den Horror aus dem Internet. Zu einem hohen Preis.

    Die deutschen Filmemacher Moritz Riesewieck und Hans Block zeigen eindrücklich, was mit Menschen passiert, die täglich von unsagbarer Grausamkeit umgeben sind. Sie erzählen von einem Moderator, der sich auf Selbstverstümmelung spezialisiert hatte – und sich schließlich selbst das Leben nahm. Für den Zuschauer bekommt die digitale Zensur-Maschinerie ein menschliches Antlitz. Doch wie sinnvoll ist das? Darf Donald Trump mit Mikro-Penis gezeigt werden oder nicht? Ist es richtig, die grausamen Bilder des Syrien-Krieges zu löschen oder müssten sie bewahrt werden, um Kriegsverbrechen zu dokumentieren? Wer entscheidet, was wir sehen und was für immer verschwindet? Und warum entscheidet er so? Warum sitzen diejenigen, die über die Reinheit des Internets befinden, ausgerechnet auf den Philippinen? Dem Staat, dessen Präsident Rodrigo Duterte einen blutigen Krieg gegen Drogenhändler führt und sich mit Hitler vergleicht?

    Die Filmemacher wollen neben dem „doppelten Boden“ der Online-Plattformen auch „die Eliminierung kritischen Denkens im digitalen Raum“ aufzeigen, wie sie verrieten. Zu viel für knapp 90 Minuten. Der Film verirrt sich auf den Kriegs- und Nebenkriegsschauplätzen der Welt. Überbietet sich in Superlativen des Internethorrors. Tappt so in eine Falle: Fällt herein auf die Logik der sozialen Medien, die die beiden Filmemacher ja augenscheinlich kritisieren wollen. Produziert Emotionen, starke Bilder, markige Worte. „The Cleaners“ lässt darüber aber die Analyse, den Schritt zurück, die Einordnung vermissen.

    So bleibt der Zuschauer am Ende ratlos ob der gewaltigen Fragen, die der Film – womöglich mit bestem Gewissen – aufruft. Die bedrohliche Social-Media-Welt, die der Film zeichnet, die grollende Musik dazu: Man wähnt sich oftmals eher in einem Hollywood Blockbuster denn in einer Dokumentation. Dem Thema hätte eine nüchterne Analyse gutgetan – ohne den dräuenden Weltuntergang am Horizont. Am Donnerstag kommen Riesewieck und Block um 20 Uhr ins Abaton.

    „The Cleaners“ D/Bra 2018, 88 Min., ab 16 J.,
    R: Moritz Riesewieck, Hans Block, täglich im
    Abaton (OmU), Zeise; www.thecleaners-film.de