Blankenese. Erste Bewohner beziehen Unterkunft am Björnsonweg. Erneut Ärger mit Nachbarschaft wegen Lärms. Helfer kritisieren Vorgehen

In kleinen Gruppen kommen die neuen Bewohner im Björnsonweg an. Busweise werden sie aus den verschiedenen Erstaufnahmeeinrichtungen in ihre neue Heimat nach Blankenese gebracht. Noch ist das Gewusel groß. Wer kommt in welches Zimmer? Gibt es einen Schlüssel für den Schrank? Wohin soll der Müll? Während es viele Fragen zu klären gibt, tragen einige der Neuankömmlinge schon ihr weniges Hab und Gut zumeist in blauen Mülltüten verpackt in die Dreizimmerwohnungen, die man sich zu sechst teilt. Bei den Bewohnern handelt es sich um die ersten Flüchtlinge, die die neue und einst sehr umstrittene Folgeunterkunft in der ruhigen Wohnstraße beziehen.

Denn erst seit einigen Tagen ist der Bau so weit fertiggestellt, dass dort Menschen einziehen können. Neun Gebäude hat das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ (f & w) in den vergangenen Monaten auf dem Grundstück am Waldrand errichtet. Davon ist eines als Sitz der Verwaltung und Treffpunkt für die Bewohner sowie die freiwilligen Helfer vorgesehen, in die anderen sollen in den kommenden Wochen sukzessive bis zu 192 Flüchtlinge einziehen. Bei den ersten 48 Bewohnern handelt es sich um Familien. Sie stammen aus Afghanistan, Somalia, Eritrea, Syrien, Ghana sowie der Russischen Föderation, wie Carmen Girmscheid weiß. Die Einrichtungsleiterin hat den Überblick und ist der ruhende Pol im Einzugschaos. Zusammen mit zwei Kollegen sowie freiwilligen Helfern wird sie in den kommenden Jahren die Unterkunft führen. Eine Aufgabe, die sie nicht schreckt. Immerhin hat Girmscheid zuvor die Bahrenfelder Erstaufnahmeeinrichtung an der August-Kirch-Straße mit bis zu 500 Bewohnern gemanagt. Zuvor war sie in der Sülldorfer Flüchtlingsunterkunft Sieversstücken tätig. Daher kennt sie einige freiwillige Helfer und Helga Rodenbeck. Die Sozialarbeiterin und Flüchtlingsberaterin aus Blankenese koordiniert auch den Einsatz von Ehrenamtlichen in der neuen Unterkunft.

Es könnte also alles ganz schön sein, wenn es nicht schon wieder kriseln würde. Denn ausgerechnet zum Start der Einrichtung ist die Stimmung in der ohnehin teils sehr skeptischen Nachbarschaft einmal mehr am Boden. Monatelang hatten Stadt und klagende Anwohner um einen Kompromiss zum Bau der Einrichtung gerungen, der von zahlreichen Demos begleitet wurde. Am Ende einigten sich Stadt und Nachbarn darauf, dass die Unterkunft ab der Einigung für sieben Jahre Bestand haben soll. Anschließend müsste alles wieder abgerissen werden. Umso empörter reagierten die Anwohnern, als vor einigen Wochen Pläne des Altonaer Bezirkamtes auftauchte – wie das Abendblatt berichtete –, die Wohnbebauung und einen Erhalt vorsahen. Alles ein unglückliches Missverständnis, hieß es später vom Altonaer Bezirk. Die Wohnbaupläne im Björnsonweg sind vorerst vom Tisch.

Ist der Generator für die Stromversorgung zu laut?

„Das kam wirklich zur Unzeit“, kritisiert Helga Rodenbeck. Kurz zuvor hätte man sich noch zur gemeinsamen Begehung der Unterkunft mit Anwohnern getroffen. „Die Stimmung war gut und viele waren offen“, berichtet sie. Das Vorgehen des Bezirksamtes Altona bezeichnet sie als „total unsensibel“. Hinzu kommt, dass ein weiteres Problem auf die Stimmung drückt. Dabei geht es um einen Generator. Er sorgt derzeit für die nötige Stromversorgung, da ein beantragter Anschluss bei Stromnetz Hamburg bislang noch nicht gelegt werden konnte.

Der Generator, der zur Straßenseite aufgebaut wurde, schlägt Krach. Anwohner, Bezirk sowie f & w streiten nun um die Frage, wie sehr beziehungsweise inwieweit die Lärmgrenzen überschritten werden. Messungen der Nachbarn ergeben klar „zu laut“, der Bezirk kam dagegen zum Ergebnis: alles im Rahmen. Nun soll ein drittes von einem unabhängigen Büro angefertigtes Gutachten Aufschluss geben. „Wir rechnen mit dem Ergebnis der Lärmmessung Ende dieser Woche“, so Susanne Schwendtke als Sprecherin von f & w.

Sind die Lärmwerte zu hoch, könnte sich das allerdings auch auf den geplanten Bezug der angrenzenden Gebäude beziehen. Sie müssten dann bis zum endgültigen Stromanschluss leer bleiben. Wann der kommt? Laut Anette Polkehn-Appel, Sprecherin von Stromnetz Hamburg, ist eine neue Trasse nötig. „Wie kann es sein, dass Stromnetz Hamburg es nicht schafft den Stromanschluss rechtzeitig fertigzustellen? Der Einzugstermin kam nicht überraschend und wurde zwischenzeitlich sogar verschoben“, kritisiert Benjamin Harders als Chef des Blankeneser Bürgervereins. Laut Polkehn-Appel hat sich das Projekt aufgrund unklarer Grundstückgrenzen und Besitzverhältnisse verzögert. Nun sei klar, dass die Trasse westlich des Björnsonweges verlegt wird. Voraussichtlich Ende Juni soll sie fertig sein.

Harders fordert: „Durch den lauten Generator wird die gute Beziehung zur Nachbarschaft gefährdet. Wir möchten, dass im wahrsten Sinne des Wortes endlich Ruhe einkehrt.“ In diesem Punkt sind sich übrigens alle – ob Anwohner, Politiker, Bezirksamt und Flüchtlingshelfer – einmal einig am Blankeneser Björnsonweg.