Sydney.

2016 war David Goodall weltweit bekannt geworden, als ihn seine Universität im Alter von 102 Jahren endgültig in den Ruhestand schicken wollte – obwohl er seit seiner offiziellen Pensionierung unentgeltlich arbeitete. Nach Protesten und Solidaritätsbekundungen von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt nahm die Universität in Perth die Kündigung zurück. Nun steht Goodall wieder in den Schlagzeilen. Mit 104 Jahren will er seinem Leben ein Ende setzen und hat damit die Sterbhilfe-Diskussion neu befeuert.

Goodall habe befürchtet, an der Ausreise gehindert zu werden, nachdem er in Australien öffentlich gemacht hatte, dass er zum Sterben in die Schweiz reisen wollte. Deshalb ist er zunächst nach Frankreich geflogen. Er ist guter Dinge“, sagte der Direktor der Sterbehilfe-Organisation Exit International, Philip Nitschke, am Sonntag. Goodall ist seit Jahren Mitglied der Organisation. Heute will er von Bordeaux nach Basel fahren.

Ob Goodall tatsächlich einen tödlichen Medikamentencocktail erhält, entscheidet sich nach einer Untersuchung seiner Urteilsfähigkeit. „Nur wenn zwei Ärzte überzeugt sind, dass er 100-prozentig klar in seinem Wunsch ist, findet die Begleitung statt“, sagte Erika Preisig, Ärztin und Gründerin des Vereins Lifecircle, der Goodall vor Ort betreuen will.

Lifecircle spricht wie ähnliche Organisationen von „Freitodbegleitung“, nicht von Suizid. Der Verein hat 2017 nach ihren Angaben 73 Menschen in den Tod begleitet.

Sein 104. Geburtstag Anfang April war zunächst noch ein fröhliches Fest: Goodall, stieß mit Freunden und Familie an, auf seinem Geburtstagskuchen flackerte stolz eine Kerzenkombi, die sein stattliches Alter kundtat.

Doch schon als er nach dem Geburtstagsständchen die Kerzen auf seinem Käsekuchen ausblies, wurde deutlich, dass der Australier wenig Freude an seinem stattlichen Alter hat. „Ich bedauere es sehr, dieses Alter erreicht zu haben“, sagte der Botaniker dem australischen Sender ABC.

Er sei nicht glücklich, sondern wolle sterben. Und das sei auch nicht besonders traurig. „Traurig ist es, wenn man daran gehindert wird.“ Ein alter Mensch wie er selbst sollte volle Bürgerrechte besitzen, und dazu gehöre in seinen Augen eben auch „das Recht auf einen assistierten Suizid“. Unheilbar krank ist Goodall nicht. Allerdings sei er wegen seiner Sehschwäche schwer gestürzt und dadurch in seiner Beweglichkeit deutlich eingeschränkt. „Ich bin der Meinung: Jeder, der älter als 85 ist, soll ohne Rechtfertigung sterben dürfen“, sagte die Ärztin Erika Preisig.

Die deutsche Stiftung Patientenschutz ist gegen jede Form organisierter Suizidhilfe. Dies wurde in Deutschland per Gesetz 2015 auch unter Strafe gestellt. „Es gibt keine objektiven Kriterien für das Leiden“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch am Sonntag. „Das wissen die Suizidhelfer und betreiben eiskalte Propaganda mit den Lebensmüden. Deshalb muss organisierte Selbsttötung in Deutschland weiterhin verboten sein.“

Preisig hält dagegen: Viele medizinische Interventionen bei Hochbetagten seien nur eine Lebensverlängerung, aber keine -verbesserung. Oftmals zögerten medizinische Interventionen das Sterben hinaus.