Darf’s ein bisschen mehr sein? Von Reifeprüfungen anno 2018 und der gar nicht so guten alten Zeit

Ein Trecker zog drei Wagen über den Schulhof, auf einem grölte die Schülerband mehr schlecht als recht den Stones-Klassiker „Satisfaction“, mitunter wippte sogar der gefürchtete Mathelehrer mit den Schuhspitzen mit. Beim Abi-Ball am nächsten Abend tanzten dann stolze Väter mit ihren Töchtern – junge Männer in schlecht sitzenden Anzügen, die sich jedem Tanzkurs mit Erfolg widersetzt hatten, verzogen sich früh an die Bar. Serviert wurde irgendetwas mit Schnitzel, Kartoffelsalat und Russisch Ei, im Morgengrauen tasteten sich die letzten durch Zigarettendunst und Bierschwaden zurück in das, was man Erwachsenwerden nennt.

Verglichen mit den aktuellen Party-Gepflogenheiten der Abiturienten wirken die Bräuche der 1980er-Jahre in der norddeutschen Tiefebene so bieder wie eine Schreibmaschine gegenüber dem Hightech-Notebook. Abi-Streiche werden nun zuweilen in Hollywood-Manier inszeniert, was auch mal böse enden kann, wenn ein Passant den Überfall mit Schreckschusspistolen und Tarnklamotten für einen Terroranschlag hält und die Polizei alarmiert. Der Schulsprecher eines hessischen Gymnasiums hat jetzt mitgeteilt, dass die Partysause seines Jahrgangs 25.000 Euro kosten wird. Und da ist weder das kleine Schwarze noch der Maßanzug mit drin. Mottopartys wie „Tausendundeine Nacht“ kosten nun mal.

War früher nun also alles besser, weil bescheidener? Unsinn, die Zeiten haben sich eben geändert, unverbesserliche Nostalgiker fanden wir heute Alten früher auch doof. Unverändert bleibt der Stolz auf das Erreichte und die Vorfreude auf den nächsten Lebensabschnitt. Und beides ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.