Berlin.

Von Beleidigungen über Cybermobbing bis hin zu körperlichen Attacken: Lehrer an allen Schulformen sind in Deutschland regelmäßig psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt. Wie eine am Mittwoch vorgestellte Umfrage im Auftrag der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) ergab, kam es in den vergangenen fünf Jahren an nahezu jeder zweiten Schule zu Beschimpfungen, Bedrohungen oder Belästigungen von Lehrkräften. An rund einem Viertel der Schulen wurden Pädagogen körperlich angegriffen. An jeder fünften Schule gab es Fälle, in denen Lehrer und Lehrerinnen online bedrängt, diffamiert oder genötigt wurden.

1200 Schulleiter und -leiterinnen hat das Umfrageinstitut Forsa für dieses Lagebild befragt, das Ergebnis ist repräsentativ für die Situation von Pädagogen an deutschen Schulen. Vor allem die Rektoren an Grundschulen berichteten dabei von körperlichen Übergriffen: Während physische Gewalt nur an 4 Prozent der Gymnasien und 12 Prozent der Haupt-, Real- und Gesamtschulen eine Rolle spielte, lag dieser Anteil für Grundschulen bei 32 Prozent. An weiterführende Schulen außer Gymnasien waren Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen besonders häufig: An 59 Prozent dieser Schulen kam es laut Umfrage in den letzten fünf Jahren zu verbaler Gewalt.

„Fatal wird es, wenn die Lehrkräfte nach einem Angriff nicht unterstützt werden“, erklärt Udo Beckmann, Vorsitzender der Gewerkschaft, am Mittwoch. Das ist nach Angaben der befragten Rektoren bei rund jedem zehnten Betroffenen der Fall: In sieben Prozent der Fälle sei es nur zum Teil gelungen, betroffene Kollegen zu unterstützen, in zwei von hundert Fällen gar nicht. Als hinderlich bewerteten die Schulleiter dabei – neben uneinsichtigen Schülern und Eltern – vor allem desinteressierte Schulministerien und bürokratische Meldeverfahren. Der VEB fordert deshalb von den zuständigen Ministerien Statistiken über Angriffe auf Lehrer zu führen und auch zu veröffentlichen. Dass Übergriffe häufig gar nicht erfasst werden, sei Teil des Problems. „Wer keine Statistik führt, kann die Augen verschließen“, sagt Beckmann.

Es stimme den Verband „zuversichtlich, dass das Thema aus der Tabuzone kommt“, erklärte der Vorsitzende. Viel zu lange habe die Angst vor einem Reputationsverlust der Schule zu einer „Kultur des Schweigens“ geführt. Auch jetzt noch ist das Thema für einige Pädagogen mit einem Tabu behaftet: Rund vier von zehn Befragten finden, dass man über Angriffe gegen Lehrer nicht offen sprechen kann.