Aber eigentlich geht es im etwas überladenen Animationsfilm „Early Man – Steinzeit bereit“ um historische Grundlagen

Die ersten Menschen haben immer wieder als Folie gedient, um gegenwärtigen Themen historische Gravität zu verleihen. In der Steinzeit verortete etwa Bertolt Brecht eine frühe Krise des Sozialismus und Stanley Kubrick einen ersten Entwurf modernster Technik. Nick Park, der traditionsbewusste Trickfilmspezialist und mehrfache Oscar-Preisträger, erweitert all das zu einer steilen These: Der Ursprung des Fußballs liegt im Weltall, gekickt wurde bereits in der Steinzeit und der Widerstand gegen die korrumpierende Macht des Kapitals war in der Prähistorie so selbstverständlich wie geschlechtergemischte Mannschaften.

In seinen ersten, besonders wirkungsstarken Minuten erzählt „Early Man“ ohne Worte, wie einst ein fußballförmiger Komet auf die Erde prallte und zunächst alle Dinosaurier zur Strecke brachte. Noch nach Tagen hat er eine derartige Hitze gespeichert, dass die überlebenden Urmenschen das runde Ding nicht mal mit Fingerspitzen anfassen können, sondern sich mit kurzen Fußtritten vom Leib halten. Erst unbeholfen, bald technisch versierter entwickelten sie so nach und nach ihr Spiel, bis irgendwer aus Mammutknochen das erste Tor baute, um dem unbedarften Gebolze eine endgültige Richtung zu geben.

Einige Tausend Jahre später ist der Mensch längst des Sprechens mächtig, Fußball findet jedoch nur noch als millionenschweres Spektakel in Stadien der frühen Bronzezeit statt. Als Breitensport für die immer noch in der Steinzeit verharrende Landbevölkerung ist er längst in Vergessenheit geraten.

Doch als Dug, ein junger Mann aus der Provinz, mit seinem Stamm aus seinem Dorf vertrieben wird, damit ein gewissenloser Vereinsmanager namens Lord Nooth dort ungestört nach Bronze schürfen lassen kann, wird es für die Steinzeitler Zeit, sich ihrer historischen Wurzeln zu besinnen. Anhand von Höhlenmalereien wird Dug bewusst, dass das Fußballspiel keine Klassenfrage ist, sondern auch seine Vorfahren schon leidenschaftliche Kicker waren. Im festen Glauben an diese Tradition stellt Dug eine eigene Mannschaft auf und fordert das Team von Lord Nooth zum entscheidenden Match auf: Wenn die Steinzeitler gewinnen, dürfen sie wieder zurück in ihr Dorf.

Tatsächlich wirkt diese Geschichte oft überladen, die Konflikte scheinen mühsam konstruiert. Andererseits dürften sich gerade Fußballfans im WM-Jahr hier über manchen kritischen Seitenhieb auf die Fifa und den abgehobenen Profizirkus amüsieren. Und wie schon in
seinen klassischen Abenteuern von „Wallace And Gromit“ oder „Shaun das Schaf“ überzeugen auch hier Nick Parks Vorliebe für originelle Details und seine wohltuend anachronistisch daherkommende Knetgummi-Stop-Motion-Ästhetik. Wenn die Steinzeitmenschen kleine Krokodile als Wäscheklammern zweckentfremden, dann wirkt das eben plastischer als jede noch so ausgefeilte CGI-Animation.

„Early Man – Steinzeit bereit“ GB 2018,
89 Min., o.A., R: Nick Park, täglich im Abaton, Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa, Koralle, UCI Mundsburg/Othmarschen-Park/Wandsbek, Zeise; www.studiocanal.de/kino/early_man