Hamburg. Grünen-Politikerin plant wie in Schleswig-Holstein eine Initiative für späteren Unterricht. Schlafforscher ist dafür

Geneviève Wood

Nach einem Vorstoß der Grünen in Schleswig-Holstein will sich auch die Schulexpertin der grünen Bürgerschaftsfraktion in Hamburg für einen späteren Unterrichtsbeginn für Schüler ab der Klasse 5 einsetzen. „Wenn man Schule konsequent vom Kind her denkt und gutes Lernen ermöglichen will, ist ein späterer Start sinnvoll – egal, ob um 30, 45 oder 60 Minuten“, sagt Stefanie von Berg. „Ich fände 9 Uhr ideal.“

Die Grünen-Politikerin beruft sich auf wissenschaftliche Studien. „Ab der Pubertät haben Jugendliche einen anderen Biorhythmus, sie schlafen später ein, sind morgens um 8 Uhr oft noch müde und erreichen erst im Laufe des Vormittags ihre volle Leistungsfähigkeit“, sagt von Berg. Ihren Vorschlag sieht sie als Anstoß für das Grünen-Programm in der kommenden Legislaturperiode von 2020 an.

Deutschlands wohl bekanntester Schlafforscher Jürgen Zulley bestätigt von Bergs Darstellung. Um 8 Uhr sei die Leistungsfähigkeit von Jugendlichen noch niedrig. „Sie steigt dann aber schnell an, sodass ein Unterrichtsbeginn um 9 Uhr einen großen Unterschied machen kann“, sagt Zulley. „Deshalb wäre ein späterer Schulbeginn für ältere Schüler besser.“

An einigen Hamburger Schulen beginnt der Unterricht bereits seit Jahren später. So wie an der Max-Schmeling-Stadtteilschule in Marienthal. Dort ist um 8.30 Uhr Schulstart. An der privaten Flachsland Zukunftsschule in Alsterdorf kommen Schüler ab der 7. Klasse erst um 9 Uhr in den Unterricht. Am Eimsbütteler Helene-Lange-Gymnasium müssen Schüler und Lehrer ebenfalls erst um 8.55 Uhr im Klassenraum sein, am benachbarten Kaifu-Gymnasium startet der Tag zumindest an einigen Tagen später, und am Gymnasium Marienthal beginnt der Unterricht seit drei Jahren erst um 8.30 Uhr.

Die Schulleiter haben damit gute Erfahrungen gemacht. „Die Schüler kommen freudig und entspannt in die Schule. Wir erleben sie um 9 Uhr wach, das sind äußerst gute Unterrichtsstunden“, sagt Holger Müller, Schulleiter am Helene-Lange-Gymnasium. Auch die Lehrerkollegen seien „froh, dass sie nicht um 8 Uhr aufschlagen müssen“, sagt er. „Viele haben ja auch kleine Kinder zu Hause.“ Der spätere Unterrichtsbeginn ermögliche vielen mehr Familienzeit am Morgen.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) ist gegen einen späteren Unterrichts­beginn. Er sieht etwa Nachteile für Eltern, die vor 9 Uhr mit der Arbeit beginnen, und verweist darauf, dass an Gymnasien dann Unterricht an drei bis vier Nachmittagen stattfinden müsste statt an zwei Nachmittagen. Auch CDU und Linke sind gegen den Grünen-Vorstoß. Die FDP befürwortet zumindest eine Diskussion über das Thema.

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