Neugraben-Fischbek. Im Neubaugebiet Neugraben-Fischbek sollen bald 15.000 Einwohner leben. Ein Abendblatt-Check

„Die In­frastruktur zieht nach“ ist eine stadtplanerische Binsenweisheit, die noch in vielen Köpfen herumspukt. Dabei sind Quartiersentwickler hierzulande längst von dieser Maxime abgekommen. Was die drei Neubaugebiete in Neugraben-Fischbek angeht, ergaben die Abendblatt-Recherchen, dass Planer, Behörden und Institutionen durchaus Fragestellungen der Infrastruktur mit bearbeiten. Die Frage bleibt, ob sie rechtzeitig damit fertig werden, denn auf die vorhandene Infrastruktur können sich die Neubürger nur bedingt verlassen. Sie ist in vielen Bereichen schon jetzt überstrapaziert.


Öffentliche Sicherheit Das für die Region zuständige Polizeikommissariat 47 zieht im Jahr 2021 um. Die neue Wache wird so gebaut, dass Personal aufgestockt werden kann, wenn es erforderlich scheint. Für die notwendige zusätzliche Wache der Berufsfeuerwehr ist allerdings noch nicht einmal die Standortentscheidung gefallen. Mittlerweile wird klar, dass auch die Freiwillige Feuerwehr Neugraben einen Neubau benötigt, um einsatzfähig zu bleiben. Alarm!

Verwaltung Auch die Dienststellen des Bezirksamts werden wohl 2021 umziehen müssen, wissen aber noch nicht, wohin. Mehr Personal ist nicht eingeplant.

VerkehrBislang hat lediglich die Hochbahn neue Pläne für die neuen Bürger. Eine bestehende Buslinie wird in die Neubaugebiete Heidbrook und später in die Reethen verlängert und bindet sie am Ohrnsweg an die S-Bahn an. Weder S-Bahn noch Stadt planen derzeit allerdings, die Station Fischbek zu ertüchtigen. Auch auf der Straße werden sich die Neubürger zu den vielen Pendlern gesellen müssen, die jetzt schon im Stau auf der B 73 darauf warten, dass in einigen Jahren die Autobahn A 26 fertiggestellt wird.

Schulen und Kitas
Die von Schulsenator Rabe angekündigte Schulbauoffensive im Bezirk Harburg betrifft auch Neugraben-Fischbek: Die Grundschulen am Ohrnsweg und an der Schnuckendrift sollen massiv ausgebaut werden und die Neubaugebiete Reethen und Heidbrook mitversorgen. Für das Gebiet Vogelkamp existiert bereits die Schule am Johannisland. Eine große „Campusschule“ für gut 1000 Sekundarschüler zweier Schulformen in den Reethen wird auch von den bereits bestehenden weiterführenden Schulen etwas Druck nehmen. Bei den Kindertagesstätten hängt der Vogelkamp allerdings hinterher. Es gab Bauverzögerungen bei der DRK-Kita. Eine weitere Kita ist im Gebiet in Planung. In den anderen Baugebieten soll das glatter laufen, verspricht die IBA Hamburg, die alle drei Gebiete entwickelt.


Sport/Freizeit/Jugend
Schon heute beklagen sich die Sportvereine der Region über mangelnde Hallen- und Sportplatzkapazitäten. Neue Sportstätten sind geplant. Sie werden größtenteils aber erst mit dem letzten Baugebiet – Fischbeker Reethen – verwirklicht. Dann werden sie zwar wohl den Bedarf decken. Doch Reserven, wie sie der Hamburger Sportbund empfiehlt, hat die Region dann nicht mehr. Auch ein neues Jugendzentrum ist geplant, ebenfalls in den Reethen. Jugendliche aus dem Vogelkamp und dem Heidbrook müssen sich zunächst anderweitig orientieren.


Medizinische Versorgung Potenzielle Mängel zeichnen sich bei der medizinischen Versorgung ab. Schließlich hat der Bezirk Harburg ohnehin damit zu kämpfen, dass er aufgrund der vielen Kassenpatienten für Ärzte nicht übermäßig attraktiv ist. In Neugraben und im Heidbrook (Fischbek) sollen zwei Gesundheitszentren entstehen, um interessierten Ärzten ansprechende Praxisräume anbieten zu können. Bleibt zu hoffen, dass angesichts des wachsenden „Kundenpotenzials“ einige Mediziner den Schritt nach Neugraben-Fischbek wagen werden. Angesichts der chronisch überlasteten Praxen in dem Stadtteil wirkt dieser Versuch allerdings eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Senioren In Neugraben gibt es zahlreiche Angebote für ältere Menschen. Das 2017 gegründete Senioren-Netzwerk Neugraben-Fischbek soll hier weiterhelfen. Es besteht Anlass zur Hoffnung, dass sich die Angebote der Seniorenresidenz Fischbek und der Cornelius-Kirche erweitern und weitere hinzu kommen werden.


Einkaufen Neugraben verfügt über eine gewachsene Struktur aus kleineren und größeren Geschäften sowie einem Wochenmarkt. Bei der Attraktivität der Fußgängerzone Marktpassage und des Einkaufszentrums Süderelbe gibt es Luft nach oben, aber das vielseitige Angebot kann die meisten Konsumwünsche erfüllen. In Fischbek ist die Nahversorgung mit Lebensmitteln im Heidbrook gesichert. Alles weitere lässt sich in Neugraben oder Neu-Wulmstorf besorgen. Beide Ortskerne liegen relativ nah an den Neubaugebieten.

Fazit An die meisten Bedürfnisse der Neubürger ist gedacht. Viele Einrichtungen werden aber erst mit Fertigstellung des letzten Baugebiets, den Fischbeker Reethen, und damit frühestens ab 2023, zur Verfügung stehen. Bis dahin sind die Gebiete Vogelkamp und Heidbrook bereits bezogen. Verkehr und Verwaltung bleiben Problembaustellen.