Kopenhagen.

Mitglieder des südostasiatischen Urvolks der Bajau können über mehrere Minuten bis zu 70 Meter tief tauchen. Ein internationales Forscherteam konnte nun nachweisen, dass eine im Vergleich zum Durchschnitt deutlich vergrößerte Milz ihnen diese Fähigkeit verleiht. Ihre Erkenntnisse könnten sich in der Notfallmedizin anwenden lassen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Cell“.

Die Milz spiele eine wichtige Rolle beim sogenannten Tauchreflex, erklärt Hauptautorin Melissa Ilardo von der Universität Kopenhagen. Selbst beim kurzen Eintauchen in kaltes Wasser setzt dieser ein und bewirkt, dass sich der Herzschlag verlangsamt, die Blutgefäße in den Extremitäten verengen und die Milz zusammenzieht. Durch diese Kontraktion stößt das Organ sauerstoffreiche rote Blutkörperchen in den Blutkreislauf und sorgt so für einen Sauerstoff-Anstieg von bis zu neun Prozent, was die mögliche Tauchzeit verlängert.

Per Ultraschall von 59 Bajau stellten die Forscher fest, dass deren Milzen durchschnittlich doppelt so groß waren wie die einer benachbarten, nicht verwandten ethnischen Minderheit – die Saluan. Sie schlossen daraus, dass das vergrößerte Organ tatsächlich eine genetische Anpassung ist.

Via Speichelproben führten die Forscher Gen-Analysen durch und stellten fest, dass die Bajau über ein Gen namens PDE10A verfügen, die Saluan hingegen nicht. Es kontrolliert vermutlich den Spiegel des Schilddrüsenhormons T4. „Bei Mäusen wurde gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenhormonen und der Größe der Milz gibt“, erklärt Ilardo. Mäusen, denen das Hormon T4 entzogen wurde, verfügten über eine verkleinerte Milz.

Für die Wissenschaftler ist die Studie der erste Nachweis einer genetischen Anpassung des Menschen ans Tauchen, die auch der Medizin helfen könnte. So lasse sich der Tauchreflex mit den Symptomen einer Hypoxie vergleichen. Dabei werden die Körperzellen mit zu wenig Sauerstoff versorgt, was vor allem in der Notfallmedizin für Komplikationen sorgt. Entsprechend seien die Fähigkeiten der Bajau „ein Hypoxie-Experiment der Natur, das es erlaubt, Menschen auf eine Weise zu untersuchen, die im Labor unmöglich wäre“, so Co-Autor Rasmus Nielsen.