Axel Schneider inszeniert Jonas Jonassons Buch „Die Analphabetin, die rechnen konnte“.Premiere ist am 22. April im Altonaer Theater mit Lennora Esi in der Titelrolle

Axel Schneider, Intendant des Altonaer Theaters, hat es längst zu einer Meisterschaft gebracht, Romane so zu verdichten und ihre dramatischen Qualitäten herauszuarbeiten, sodass diese Epen auf der Bühne spielbar sind. Bei seiner neuen Arbeit hat er sich Jonas Jonassons „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ vorgenommen. Mit dessen „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ inszenierte er 2013 schon Jonassons Erstling erfolgreich als Uraufführung in Altona; am 22. April folgt der zweite Roman des schwedischen Schriftstellers. Darin geht es um die Südafrikanerin Nombeki Mayeki, die in den 70er-Jahren aus dem Apartheid-Regime nach Schweden flieht und eigentlich Antilopenfleisch schmuggeln will. Stattdessen hat man ihr eine Atombombe untergejubelt.

Schneider lässt seine Bearbeitung ausschließlich in Schweden spielen. Die ersten 100 Seiten des Romans, in dem Nombeki von einem Weißen mit dem Auto überfahren wird und beinahe ihr Leben verliert, erzählt Schneider nur in Rückblenden. Er interessiert sich vor allem für Nombekis Erfahrungen in Schweden, in der seine dunkelhäutige Protagonistin ein naives Zwillingspaar mit Namen Holger 1 und Holger 2 und noch ein paar weitere illustre Gestalten kennenlernt. Nombeki träumt von einem geordneten Leben ohne Angst, sie möchte sich verlieben. Doch die Narben ihrer Vergangenheit trägt sie weiter mit sich herum, auch die Atombombe will Nombeki gern loswerden – ohne dass sie in falsche Hände gerät. „Jonasson erzählt schräge Geschichten mit raffiniertem Humor, doch es gibt in seinem Roman ernste Fragen, die mir wichtig sind. Rassismus ist eines der Themen, aber auch die nukleare Bedrohung, die durch den Konflikt zwischen Nord­korea und den USA gerade wieder aktuell ist“, sagt Schneider.

In Jagsthausen wurde die „Analphabetin“ uraufgeführt

In der Vorlage gibt es viele Ortswechsel und ein großes Aufgebot an Figuren. Schneider hat zusammen mit Bühnenbildner Stephan Bruckmeier eine überdimensionale Kiste mitten auf die Bühne gestellt. Sie dient als Bombenbehälter, Lkw, Bettenlager und Überraschungshäuschen. Nombeko, die beiden Holgers und Celeste spielen ihre Figuren durchgängig, die anderen vier Schauspieler müssen oft blitzschnell von Rolle zu Rolle schlüpfen. Ausgesprochenes Glück hatte Schneider mit der Besetzung seiner Titelfigur: Beim Casting stieß er auf Lennora Esi (27), die in Deutschland geboren ist und eine afroamerikanische Mutter hat. Bereits im vergangenen Jahr überzeugte die Jungschauspielerin bei den Festspielen in Jagsthausen. Dort wurde die „Analphabetin“ auch uraufgeführt.

Jonasson spielt in seinem Roman auf eine Reihe von Politikern wie Boris Jelzin, Al Gore und Saddam Hussein an, doch diesen Aspekt hat Schneider vernachlässigt. „Mir war es wichtig, die Kerngeschichte zu erzählen.“ Ein paar Anspielungen auf Figuren der Zeitgeschichte wie den schwedischen König Gustav gibt es. Der juckelt mit der Bombe im Gepäck durch sein Land und fügt sich in den Reigen von Jonassons naiven Schelmen.

„Die Analphabetin, die rechnen konnte“ Premiere So 22.4., 19.00, bis 27.5., Altonaer Theater (S Altona), Museumstraße 17, Karten zu 20,- bis 38,- unter T. 39 90 58 70;
www.altonaer-theater.de