Die Hamburger Rockband spielt ihr frisches Album „Kashmir Karma“ am 22. April im Docks

„Nie wieder Computer!“ Selig-Gitarrist Christian Neander macht eine klare Ansage. In Zeiten, in denen andere Bands digitale Autotune-Verfahren und alle Möglichkeiten elektronischer Sample-Möglichkeiten nutzen, besinnt sich Selig auf seine Wurzeln. Als sich die Gruppe 1993 gründet, verlassen Musiker sich auf ihre instrumentalen Fähigkeiten. Es gibt schon Synthesizer, doch Computer spielen im Rock keine Rolle.

Selig macht das Analoge jetzt wieder zu seinem Credo. Möglich ist das auch geworden, nachdem Keyboarder Malte Neumann die 2008 reformierte Band vor vier Jahren verlassen hat. Aus dem Quintett ist ein Quartett geworden, ein neuer Keyboarder wurde nicht angeheuert. „Jeder in der Band hat jetzt mehr Freiräume, Leerstellen werden nicht automatisch vom Keyboarder ausgefüllt“, sagt Neander. Vor allem der Gitarrist profitiert von der Umbesetzung und dem neuen analogen Sound, auf den die Hamburger setzen.

Das erste Resultat dieser Neuausrichtung ist das Album „Kashmir Karma“, das im vergangenen Herbst erschienen ist. Dafür ist die Band, zu der Jan Plewka (Gesang), Leo Schmidthals (Bass) und Stephan „Stoppel“ Eggert (Schlagzeug) gehören, zuerst 2016 und dann im vergangenen Jahr weitere Male in ein abgelegenes Haus in Schweden gereist, um dort Songs zu schreiben und aufzunehmen. Elf neue Stücke entstehen bei diesen fünf Sessions. Sie klingen ziemlich retro, doch bei den Plattenfirmen, denen die Musiker ihre neue alte Musik vorstellen, kommt diese Rückbesinnung gut an.

Jedes der Labels, mit denen sich die Band getroffen hat, ist an einer Veröffentlichung interessiert, den Zuschlag bekommt zu guter Letzt Sony Music. „Es herrschte bei diesen Sessions ein besonderer Spirit“, erzählt Jan Plewka. Die vier Freunde spielen nicht nur zusammen, sie unternehmen lange Spaziergänge, sie kochen zusammen, sie führen lange Gespräche. So wie früher vor der ersten Trennung im Jahr 1997. Dieses neu entstandene Gruppengefühl hat Selig offensichtlich beflügelt und zu ihrem hochgelobten Album geführt.

Auf „Kashmir Karma“ gibt es düstere Songs wie das an Joy Division erinnernde „Unsterblich“, Sixties-Rock wie bei „Nimm mich so, wie du bist“, aber auch Balladen wie „Wintertag“ und „Unterwegs“. Gitarrist Neander glänzt mit psychedelischem Sound wie bei „DJ“, lässt bei „Zu bequem“ Erinnerungen an Norman Greenbaums „Spirit In The Sky“ wach werden und bearbeitet in „Lass loss“ sein Wah-Wah-Pedal. Plewka, gerade im Thalia Theater in Jette Steckels Inszenierung von „Der Sturm“ mal wieder als Schauspieler aktiv, sind Texte eingefallen, in denen zu mitreißender Rockmusik große Gefühle ausgedrückt werden.

Er glaubt immer noch an die Kraft der Liebe, in „Feuer und Wasser“ denkt er aber auch darüber nach, wie kaputt die Welt sich gegenwärtig präsentiert. Die Liebe und das Private sind Plewkas Gegenentwurf zu den Krisen und Kriegen.

Im vergangenen Jahr hat die Band die neuen Songs und die alten Hits schon live präsentiert, in diesem Frühjahr setzt sie ihre Konzertreise fort. Dass Hamburg dieses Mal mit dem Docks am 22. April als Spielort wieder auf dem Tourplan steht, ist selbstverständlich. Heimspiel eben!

Selig So 22.4., 20.00, Docks (U St. Pauli),
Spielbudenplatz 18, Karten 36,45; www.selig.eu