London.

Schnell schreiben kann er, das muss man Andrew Morton lassen. Der britische Autor und Hofberichterstatter ist einst mit einem Enthüllungsbuch über Prinzessin Diana bekannt geworden. Jetzt hat er sich eine weitere junge Frau vorgeknöpft, die vor der ebenso märchenhaften wie komplizierten Aufgabe steht, Prinzessin zu werden: Meghan Markle, Schauspielerin, die am 19. Mai Prinz Harry heiraten wird. „Meghan, A Hollywood Princess“ heißt daher auch Mortons Biografie, die gerade in Großbritannien erschienen ist. Im letzten Herbst gab der Palast die Verlobung bekannt. In der Zwischenzeit hat Morton geschwind Familienangehörige von Meghan sowie ehemalige Freunde und Weggefährten befragt, um jene Frau vorzustellen, die seiner Ansicht nach die britische Monarchie umgestalten wird.

In vielerlei Hinsicht ist Meghan Markle eine ungewöhnliche, wenn nicht beispiellose Kandidatin für die britische Königsfamilie. Die US-Amerikanerin ist mit 36 Jahren drei Jahre älter als Prinz Harry. Sie war schon einmal verheiratet und hat sich nach zwei Jahren Ehe scheiden lassen. Ihre Mutter ist die Afroamerikanerin Doria Ragland und ihr Vater der von schottischen Einwanderern abstammende Thomas Markle. „Ich bin halb weiß und halb schwarz“, kommentierte Meghan selbst einmal, „und stolz darauf, eine starke, selbstbewusste, gemischtrassige Frau zu sein.“

Ihre Geschichte, meint Morton, muss kein Hindernis dafür sein, dass sie ein erfolgreiches Mitglied der Königsfamilie werden wird. „Sie ist ein großer Aktivposten für die Royals“, so der Autor bei der Buchvorstellung in London, „sie bringt viel Energie und eine neue Perspektive mit.“ Morton hat für seine Biografie zwar nicht mit Meghan Markle selbst sprechen können, aber Kontakt zur Familie und zu Freunden aufgenommen. Er beschreibt die nicht ganz einfache Kindheit der Kalifornierin. Meghans Eltern trennen sich, als sie sechs Jahre alt ist, das Kind lebt abwechselnd bei beiden Elternteilen. Dabei erlernt Meghan „die Rolle einer geschickten Diplomatin, die zwischen den verfeindeten Seiten vermitteln muss, und die sie die wertvolle Lektion lehrt, ihre Gefühle zu kontrollieren.“

Schon als Zehnjährige hat Meghan ihren eigenen Kopf. Sie engagiert sich im Kampf gegen Rassismus, organisiert eine Demonstration gegen den ersten Golfkrieg und spricht sich gegen die Diskriminierung von Frauen aus. Als Elfjährige nimmt sie sich den Konzern Procter & Gamble zur Brust, der in einer Fernsehwerbung die Rolle von Frauen aufs Abwaschen reduzierte. Meghan schreibt einen entrüsteten Brief an den Konzern und einen weiteren an Hillary Clinton, damals First Lady. Innerhalb eines Monats wurde der Spot eingestellt.

Bei einem Praktikum bewies sie das Zeug zur Diplomatin

Als 16-Jährige verfolgt sie die Beerdigung von Prinzessin Diana und ist tief gerührt, nicht zuletzt davon, dass auf dem Sarg ein Brief mit der einfachen Aufschrift „Mummy“ liegt. Er ist von Harry. Später wird sie in der Schule Dianas Schicksal diskutieren. „Meghan war von Diana fasziniert“, weiß Morton, „nicht nur von ihrem Stil, sondern auch von ihrer unabhängigen, humanitären Mission. Sie sah sie als Vorbild.“ Meghans Schulfreundin Ninaki Priddy teilt diese Einschätzung: „Sie will Prinzessin Diana 2.0 werden.“

Böse Zungen haben daraus geschlossen, dass Meghan schon von langer Hand ihre royale Karriere vorbereitet hätte, dass sie eine Aufsteigerin sei, die kühl kalkuliert, aber von brennenden Ambitionen getrieben ist. Das stimme so nicht, sagt Morton. Wie sollte sie wissen, dass sie 20 Jahre später ein Blind Date mit Prinz Harry haben würde? Was stimmt: Ihre Karriere war Meghan stets sehr wichtig. Und als sie als 30-Jährige endlich eine Rolle in der Anwaltsserie „Suits“ bekommt, trennt sie sich Knall auf Fall von ihrem damaligen Gatten Trevor Engelson und schickt ihm Verlobungs- und Ehering in einem Einschreiben zurück.

Einen Vorteil hat sie gegenüber Prinzessin Diana: Sie ist zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit 16 Jahre älter, hat bereits Karriere gemacht und ist laut Morton ein „Medienprofi“. Auch bei einem Praktikum in der US-Botschaft in Argentinien fiel sie als junge Studentin bereits positiv auf. „Sie hatte alles, was man braucht, um eine erfolgreiche Diplomatin zu werden“, sagt ihr damaliger Vorgesetzter Mark Krischik in Mortons neuem Buch.

Sie wird, da ist sich Morton sicher, „Frische, Vielfalt und Wärme in die kühlen Korridore des Buckingham-Palastes bringen.“ Meghan und Harry „werden ein Power-Paar sein“, sagt er. „Zusammen können sie bedeutende Veränderungen hervorrufen.“ Morton fasst zusammen: „In gewisser Hinsicht ist Meghan die Frau, die Diana immer sein wollte.“