Hamburg. Karlsruher Urteil beunruhigt Hausbesitzer und Mieter. Was Bürgermeister Tschentscher jetzt machen will

Dieses Urteil versetzt Millionen Mieter und Eigenheimbesitzer, vor allem in Großstädten wie Hamburg, in Sorge vor steigenden Kosten: Wie erwartet hat das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer am Dienstag zumindest in Westdeutschland für verfassungswidrig erklärt. Der Rückgriff auf Einheitswerte aus dem Jahr 1964 (in den neuen Ländern sogar von 1935) bilde den realen Wert der Grundstücke nicht mehr ab, sondern verfehle ihn „generell und vollständig“, sagte der Vizepräsident des Gerichts, Ferdinand Kirchhof. Bis Ende kommenden Jahres müsse eine Neuregelung beschlossen werden – bis zu deren Umsetzung dürften die alten Werte bis Ende 2024 Anwendung finden.

Wie die Neuregelung aussehen wird, ist noch völlig unklar. Ein bereits 2016 vom Bundesrat beschlossenes Modell trifft auf erbitterten Widerstand aus Hamburg und Bayern. Denn nach früheren Aussagen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hätte es zur Folge, dass die Grundsteuer in Hamburg im Durchschnitt auf das Zehnfache ansteigen würde: Von derzeit durchschnittlich 450 auf dann 4500 Euro pro Haushalt.

Hamburg wirbt daher für ein Modell, das nicht den Wert, sondern die Fläche von Grundstücken und Immobilien als Grundlage nimmt. „Das Wohnen in einer Stadt wie Hamburg muss für alle bezahlbar bleiben, auch für Menschen mit geringem Einkommen“, sagte Tschentscher gestern. Die Grundsteuer werde zu einem großen Teil indirekt von Mietern bezahlt und dürfe daher „nicht von hohen und mitunter spekulativen Marktpreisen für Immobilien abhängen“. Tschentschers Flächenmodell erhält zunehmend Unterstützung, etwa vom Bundesverband der Deutschen Industrie und vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen. Auch Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) betonte, schon wegen des enormen Zeitdrucks sei „ein wertunabhängiges Einfachmodell“ zu prüfen.

Die Grundsteuer wird in Deutschland für mehr als 35 Millionen Grundstücke erhoben und ist mit 14 Milliarden Euro Aufkommen (Hamburg: 450 Millionen) eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen.

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