Hamburg. Die Stadt muss das Fernwärmenetz für 950 Millionen Euro zurückkaufen – es ist aber viel weniger wert

Die zum Jahreswechsel geplante Übernahme des Fernwärmenetzes und der dazugehörenden Kraftwerke durch die Stadt steht möglicherweise vor dem Aus. Damit könnte ein wesentlicher Teil des 2013 per Volksentscheid beschlossenen Rückkaufs der Energienetze nicht umgesetzt werden – und die vom grünen Umweltsenator Jens Kerstan geplante klimafreundliche Wärmewende würde wohl scheitern. Das könnte die Folge eines noch geheimen Gutachtens über den Wert des Fernwärmnetzes sein, das zu 74,9 Prozent dem schwedischen Konzern Vattenfall gehört. 25,1 Prozent gehören bereits der Stadt.

Nach Abendblatt-Informationen taxiert das von der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV) in Auftrag gegebene Gutachten den Ertragswert in einem Zwischenstand auf nur noch 550 bis 725 Millionen Euro – deutlich niedriger als noch vor fünf Jahren. 2013 war das Fernwärmenetz noch mit 950 Millionen Euro bewertet worden. 2014 hatte der SPD-Alleinsenat sich mit den Schweden auf ein Verfahren zum Rückkauf bis Ende 2018 geeinigt – und ihnen einen Mindestpreis von 950 Millionen Euro auch für die Zukunft garantiert.

Sollte der Wert auch in der finalen Gutachtenversion nun aber so weit unter dem Mindestpreis liegen, wäre es kaum noch möglich, das Netz zurückzukaufen. Die Stadt darf nämlich nicht einfach einen überhöhten Preis zahlen, den das Netz gar nicht mehr wert ist. Denn das wäre ein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung, so die Einschätzung im Senat. Die Verantwortlichen könnten sogar wegen Verdachts der Untreue angeklagt werden. Vattenfall aber ist nicht bereit, Angebote unter Mindestpreis zu akzeptieren. Eine zentrale Streitfrage bei alldem ist, ob Vattenfalls Kohlekraftwerk Moorburg an das Fernwärmenetz angeschlossen wird – was die Grünen wegen des Klimaschutzes strikt ablehnen.