Steven Soderbergh drehte seinen ästhetisch schwachen Psycho-Thriller „Unsane“ nicht mit Kameras, sondern mit Handys

Wer Claire Foy noch als Darstellerin von Königin Elizabeth II. aus der Netflix-Serie „The Crown“ in Erinnerung hat, wird sie hier kaum wiedererkennen. Die von ihr gespielte Sawyer Valentini ist gerade von Boston nach Pennsylvania gezogen, um dort als Datenanalystin für eine Bank zu arbeiten. Den neuen Kollegen gegenüber ist sie kühl und abweisend, um dann ihrer Mutter am Telefon Lügen über ihr erfreuliches Sozialleben aufzutischen. In einer Bar hat sie einen Mann kaum kennengelernt, als sie ihm schon sofortigen Sex in Aussicht stellt, unter der Bedingung allerdings, sie danach nie wieder zu behelligen. Als sie ihn dann trotzdem aus ihrer Wohnung schmeißt, ahnen wir längst, dass einiges schiefgelaufen sein muss im Leben dieser hochneurotischen Frau.

Und das ist auch der Fall. Sawyer ist, so erfahren wir, über Jahre hinweg von einem Stalker namens David Strine verfolgt worden und hat gegen ihn ein Kontaktverbot erwirkt. Weil sie immer noch unter Verfolgungsängsten leidet, besucht sie die Highland-Creek-Klinik für Verhaltenstherapie, wo sie eigentlich nur ein Beratungsgespräch führen will und dann gegen ihren Willen sieben Tage lang festgehalten wird.

Oder ist der Zwang nur eingebildet und Teil von Sawyers Wahnsystem, das therapiert werden muss? Soderbergh schafft es eine Dreiviertelstunde lang, den Film in einer spannenden Schwebe zu halten, indem er Fährten in beide Richtungen auslegt: Da sind die extremen Kameraperspektiven, die von einer verzerrten Sicht auf die Welt erzählen und da ist eine Protagonistin, der wir überhaupt nicht vertrauen können, weil sie selbst es ja auch nicht tut.

Aber Soderbergh gibt diese Konstellation nach der Hälfte des Films auf, um ihn von einem Psycho- in einen Katz-und-Maus-Thriller zu überführen: der langjährige Stalker (Joshua Leonard) taucht als Pfleger in der Klinik auf, um Sawyer grausam grundierte Liebesgeständnisse zu machen und ihr seltsame Pillen zu verabreichen. Als klar wird, dass an ihrer Lage nichts eingebildet ist, verliert auch die Bildsprache ihre verunsichernde Kraft und wird manieristisch. Der Film beginnt sich seltsam zu dehnen, während die Jagd des Stalkers auf Sawyer immer gewalttätiger wird. Darüber hinaus ist noch zu berichten, dass „Unsane“ nicht mit herkömmlichen Kameras, sondern mit einem Handy gefilmt wurde. Was technisch möglicherweise ein Ausblick in die Zukunft des Kinos ist. Ästhetisch ist dieser Film leider nicht.

„Unsane“ USA 2018, 97 Min., ab 16 J., R: Steven Soderbergh, D: Claire Foy, Joshua Leonard, Jay Pharoah, täglich im Cinemaxx Dammtor, UCI
Othmarschen-Park/Wandsbek; www.fox.de/unsane